Hans Reiter zu Gespräch in Oschersleben

Hans reitercamaro.jpgReiters Camaro-Mannschaft hatte beim ADAC GT-Masters in Oschersleben (der Link führt zum mittlerweile komplettierten Rennbericht auf unseren Seiten) einen schweren Stand. Im ersten Rennen kam man immerhin aus den Tiefen des Feldes auf einen hart erkämpften 10 Gesamtrang auf der dem Chevrolet Camaro GT3 nicht unbedingt liegenden Strecke. In Rennen 2 beendete eine Kollision mit dem Senkyr Motorsport BMW Z4 GT3 das Rennen für Thomas Enge und Oliver Gavin vorzeitig. Zumindest fand Hans Reiter kurz vor dem ersten Lauf in der Startaufstellung noch einige Minuten Zeit für uns um Fragen nach dem Stand seiner diversen Entwicklungsprojekte zu beantworten.

Zum Beispiel nach der Kundenresonanz auf den als Preisbrecher in der GT3-Szene geplanten Camaro: „Na ja, die ist bislang übersichtlich. hansreiter.jpgWir haben bis jetzt 7 Wagen aufgebaut und davon 5 verkauft. 4 sind in Asien und Australien gelandet. Eines der 7 Chassis ist mittlerweile platt. Immerhin läuft dank der über 100 Lamborghini Kunden noch das Ersatzteilgeschäft mit den Gallardos sehr gut. Von der letzten Version des Gallardo REX sind jetzt 8 Stück aufgebaut und schon 5 verkauft worden. 2 der Autos - die letzten neu gebauten - werden wir allerdings bei Reiter Engineering behalten.“

Reiter deutete im Gespräch uns gegenüber an das der verlorene Entwicklungsauftrag für der Huracan GT3 die Geschäftsperspektiven seiner Firma schon eingetrübt hätten, hält sich aber mit Bewertungen vornehm zurück. Um so auskunftsfreudiger wird er wenn die Rede auf das neue GT4 Modell des KTM X-Bow kommt.

„Bei der GT4-European Series in Zandvoort am 24.5 wird es erst mal das Debüt des Autos geben. Dort werden 2 von ZaWotec genannte und gekaufte Autos am Start stehen, wobei wir mit Reiter Engineering den Einsatz eines der Autos mit Naomi Schiff als Pilotin als Einsatzteam übernehmen werden. Während ZaWotec beide Autos über die Saison hin an den Start bringt werden wir spodarisch ein drittes Auto bei ausgewählten Runden der Serie und bei einigen zusätzlichen Langstreckenrennen zu Entwicklungseinsätzen an den Start bringen. Gedacht ist hier entweder an die 24h von Barcelona oder die 12h von Brünn im Rahmen der 24 Stunden-Serie, wobei uns das letztere Rennen wahrscheinlich eher passen würde. Wir haben bis jetzt eine sehr gute Kundenresonanz auf das angekündigte Auto. Jetzt muss man nur das Debüt sauber absolvieren und dann sehen ob auch alle Interessenten eins kaufen!“

Angesichts bentleynissan.jpgder Kostenentwicklung der GT3 sieht Hans Reiter den lukrativen Markt der Zukunft eher bei den preislich darunter liegenden Autos wie dem KTM. „Du kannst dir das vereinfacht so vorstellen: es gibt weltweit etwa nur 30 Kunden die bereit sind sich jährlich einen neuen Rennwagen für mehr als 500.000€ zuzulegen. Rennautos über eine Millionen € sind nur etwas für eine handvoll rennverrückter Milliadäre, die nun wirklich die Ausnahme sind. Bei einem Preisniveau von 350.000€ pro Auto steigt diese Zahl schon auf etwa 70-80 Kunden jährlich an, wobei sich derzeit etwa ein Dutzend aktiver GT3-Hersteller diesen Markt teilen müssen, was heisst, das jeder im Schnitt auch nur etwa 5-6 neue Autos pro Jahr los wird. Der Rest bedient sich am Gebauchtwagen-Markt. Baust du aber ein Auto das etwa nur 150.000€ kostet dann reden wir schon über mindestens 250 Kunden weltweit, denn alleine Porsche verkauft schon jährlich diese Anzahl an Cup-Autos die zudem noch etwas teurer als diese Schwelle sind. Nun ist KTM natürlich nicht vom Prestige her mit Porsche gleichzusetzen. Aber eine GT3-Szene bei der die Top-Autos mittlerweile Stückpreise von einer dreiviertel-Million erzielen ist langfristig zum Auslaufen verurteilt, auch wenn die zahlreichen im Umlauf befindlichen Wagen sicher die Klasse noch die nächsten 5 Jahre in Schwung halten werden. Aber solch teure Autos kannst du mit einem Luxus-Cappuccino für 10€ das Tässchen vergleichen. Den können wir beide uns prinzipiell leisten aber das würde keiner von uns machen, wenn er weiss das er die gleiche Tasse um die Ecke zum halben Preis bekommen würde – und da denken viele der Wageneigner obwohl sie viel Geld haben im Grunde genauso.“

ktmgt4adria.jpgDie Testergebnisse mit dem neuen KTM-GT4 waren für Reiter sehr vielversprechend wobei es selbst für einen alten Hasen wie ihn einige verblüffend neue Erkenntnisse gab. „Anfangs war ich ja skeptisch ob es sich auszahlen würde ein GT4-Auto mit einer Cost-Cap mit so viel Karbon zu bauen. Aber die Auswirkungen des dermassen leichten Wagens auf die Verschleissteile haben mich wirklich überrascht. Wir sind in Adria 2 Tage lang mit nur einem Satz Reifen gefahren und das bei dem winkligen Kurslayout das dort vorherrscht. Die Bremsbeläge haben in Adria eine ganze Woche lang gehalten! Versuch das mal mit dem GT3-Camaro – die sind nach schon einem Tag hinüber. Der Wagen mag teuer in der Anschaffung sein, ist aber bei diesen rennrelevanten Verschleissteilen dann in der Folge so sparsam das ich schon richtig gespannt auf die ersten Langstreckeneinsätze bin. Die Privatteams die sich den Wagen zulegen brauchen nach einer turnusmässigen Wartung nur im Rennen regelmässig die Fahrer zu wechseln und den Sprit nachzutanken – und selbst davon verbraucht der Wagen wenig!“

24h Silverstone 2015 - die GT4-Teams setzen sich durch

Der 24h_silv_winner.jpgBeechdean AMR Aston Martin Vantage GT4 des Pilotenquintetts Andrew Howard, Jonny Adam, Harry Whale, Jamie Chadwick und Ross Gunn hat am vergangenen Wochenende die 9.Ausgabe der 24h von Silverstone gewonnen. Die Aston Martin-Piloten querten nach 529 absolvierten Runden die Ziellinie mit 5 Runden Vorsprung vor dem Seat Leon Cup Racer der belgischen Bas Koeten Racing Mannschaft mit dem Trio Bessem/Hilders/Grouwels. Mit 5 weiteren Runden Rückstand kam der Lotus Evora GT4 der niederländischen Cor Euser Racing Crew mit dem Quintett Prewitt/Brody/MacKinnon/Schulz/Alpass ins Ziel, die sich mit 4 Runden Vorsprung gegen das 4.plazierte Speedworks Motorsport Aston Martin Vantage GT4 Team durchsetzen konnten.

14 der 28 gestarteten Mannschaften wurden am Sonntag nach einem wie in Silverstone üblich von wechselnden Wetterbedingungen geprägten Rennen abgewunken. Unter den ersten 6 Mannschaften befanden sich immerhin 5 in der GT4-Klasse eingestufte Teams, wobei die organisierende Britcar diesen Begriff ein wenig weiter fasst als etwa die FIA . Bestplazierter Prototyp in den Ergebnislisten wurde am Ende der Radical RXC V8 der Radical Sportscars Equipe auf P7.

Die 4 eigentlich favorisierten GT3 und GT2-Teams fanden sich am Ende in der Liste der Ausfälle wieder, ebenso wie der einzige deutsche Teilnehmer, der Porsche 997 GT3 Cup von Marco Schelp, Michael Tischner, Willie Moore, Jim & Glyn Geddie, die sogar einige Zeit das Rennen anführten. Der ebenfalls lange führende Juno-Ginetta LMP3 des Team LNT-Ginetta-Werksteams fiel nach technischen Problemen zurück, kam aber mit 418 absolvierten und für die Mannschaft erkenntnisreichen Runden an 13. Stelle als vorletztes gewertetes Fahrzeug ins Ziel. Ebenfalls zeitweise in Führung liegend schied der Ferrari F430GT2 des Briten Witt Gamski und seiner Mitstreiter, das Siegerfahrzeug der 2010´er Ausgabe der 24h von Silverstone , aus.

Serie: Die kleinen GT-Klassen in Europa

Hatte nur ich den Eindruck, das früher irgendwie mehr los war auf der Strecke?“

Kleines Starterfeld von 19 Fahrzeugen. Das Rennen war nicht spannend.“

"[Das Rennen war] ereignislos bis langweilig. Die Abstände zwischen den Fahrzeugen sind viel zu groß, um Überholmanöver zu erlauben. Bin, ehrlich gesagt, ein bisschen enttäuscht.“

So, oder so ähnlich, äußerten sich viele Diskussionsteilnehmer in unserem Forum über den am Wochenende erfolgten Saisonauftakt des ADAC GT-Masters in Oschersleben. Mit 20 Fahrzeugen war in der Tat das für einen Saisonauftakt kleinste Starterfeld seit fünf Jahren zu verzeichnen und tatsächlich entsprach auch die Action auf der Strecke nicht durchgehend den hohen Maßstäben, die sich die Serie in den letzten Jahren selbst gesetzt hatte. Nun wäre es natürlich einfach, die beiden Rennen vom Wochenende als einmaligen „Ausreißer nach unten“ zu interpretieren und auf die gleichzeitig stattfindende Generalprobe für das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring in Form des zweiten VLN-Laufes oder krankheitsbedingt abwesende Piloten zu verweisen. Und beides sind sicher legitime Gründe, auf attraktivere Läufe bei der nächsten Saison-Runde am Red Bull Ring zu hoffen. 

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Allerdings hieße dies auch, zu ignorieren, dass sich das GT-Masters mit seiner aktuellen Entwicklung der Starterzahlen durchaus im europäischen Trend befindet: 19 Fahrzeuge meldeten für den Aufgalopp der Blancpain Sprint Series vor zwei Wochen in Nogaro, 16 Fahrzeuge erschienen zur ersten Runde der französischen GT-Meisterschaft und ganz besonders hart traf es die International GT-Open, wo am vergangenen Wochenende lediglich 14 Mannschaften am Start waren. In allen drei Serien sind – wie auch im GT-Masters – in der Vergangenheit bereits (fast) doppelt so hohe Starterzahlen zu verzeichnen gewesen.

Über der europäischen GT3-Szene brauen sich – wie auch links im Foto (Quelle: ADAC Motorsport) angedeutet – dem Anschein nach also dunkle Wolken zusammen. Es stellt sich damit zumindest mittelfristig die Frage, wie lange die GT3 alleine noch akzeptabel gefüllte Starterfelder garantieren können und welche Klassen von Fahrzeugen eventuell als Ergänzung oder langfristig sogar als Ersatz für die aktuelle Königsklasse im nationalen GT-Sport in Frage kommen könnten. In den nächsten Tagen wollen wir deshalb in einer kleinen Serie beleuchten, welche Alternativen zu den GT3 sich in den letzten Jahren in Europa entwickelt haben und ob etwas davon möglicherweise eines Tages tatsächlich zum GT3-Ersatz taugen könnte. 

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