Saisonbilanz 2015 und Ausblick auf 2016

Geschafft! Nachdem die letzten Events nun abgearbeitet sind, können wir nun mal wieder nach einer weiteren ereignisreichen Saison (der 17.ten in der Geschichte von GT-Eins) den Blick zurück nach vorn wagen. Was hat uns im Laufe der letzten Saison beeindruckt, was war erwähnenswert, was erwarten wir vom neuen kommenden Jahr?

Beginnen wir mit einem Blick auf die WM: Die FIA Langstrecken Weltmeisterschaft hat sich gut etabliert. Auch wenn diese Saison wegen der Überlegenheit der Porsche 919 Hybrid von der Spannung her nicht mit der 2014´er Kampagne mithalten konnte, so hat man doch guten Sport geboten und mit der Rückkehr der LMP1 an den Nürburgring ein weiteres Highlight im Kalender gelandet, das das Potential hat, die Basis des Langstreckensports hierzulande deutlich bekannter zu machen als es bislang der Fall ist. Was an Spannung an der Spitze fehlte, lieferten die Klassen dahinter in gewohnter Manier an Rennaction nach, wobei es hier angesichts nur mässig besetzter Felder (6-9 Teilnehmer pro Klasse) meist nur 3-4 Spitzenteams und einige Nachzügler gab.

Zumindest in der LMP2-Klasse scheint sich das für das kommende Jahr zu bessern. Die kleine Prototypenkategorie könnte 2016 vereinzelt 2-stellige Felder liefern. Sorgen macht da eher die Top-Kategorie die sich nach dem Nissan-Flop in Le Mans mit weniger als 10 Wagen präsentieren könnte. Während das Highlight an der Sarthe in der GTE-Klasse zudem gut gefüllt präsentieren könnte, ist die GTE-Am in der WM eher stagnierend. Die nun 8 Events sind für Privatiers mittlerweile zu teuer und zu aufwändig. Dennoch wird das Feld – nicht zuletzt auch dank des Neueinstiegs von Ford in der GTE-Klasse – 2016 eher grösser als dieses Jahr ausfallen.

Noch mehr trifft dies auf die Europäischen Le Mans Serie zu, die trotz der Auslagerung der in diesem Jahr schwach besetzten GTC/GT3-Klasse auf eine eigene Serie, den Michelin GT3-Le Mans Cup, einen signifikanten Zuwachs erwartet. Mit erwarteten 30 Prototypenteams – plus die europäischen GTE-Mannschaften – und einem zusätzlichen Rennen in Spa-Francorchamps wird die ELMS ihr Gesicht hin zu einer überwiegend von Prototypenteams bestrittenen Serie wandeln. Da man schon in den letzten 2 Jahren den besten Sport in der Szene bot, darf dem Auftakt in Silverstone besonders entgegen gefiebert werden. Inbesonders der Wandel in der sich als Ersatz für die immer teureren GT3 andienenden LMP3-Szene, der einige in diesem Jahr wenig beachtete Aspekte aufweist (hier dürften vor Saisonbeginn noch einige aufschlussreiche Storys in dieser Richtung auftauchen) bietet reichlich Potential für eine spannende Saison.

Auch aslms_sepang_start.jpgdie beiden im letzten Jahr noch kriselnden ACO-Ableger haben scheinbar die Kurve gekriegt. Mit einer Verdoppelung der Starterzahlen in der heruntergewirtschafteten Asiatischen Le Mans Serie - das hört sich jetzt spektakulärer an als der tatsächliche Zustand mit ca. 17 Autos wirklich ist, ist aber ein positives Zeichen - und einer wieder mit einem stärkeren Starterfeld liebäugelnden Weather Tech-USCC-Serie werden auch diese beiden Meisterschaften wieder verfolgenswert. Letztere hat sich zu einigen Umbrüchen entschlossen, weil sie den heissen Atem der Pirelli World Challenge im Nacken spürt, die sich als Durchbruch für die GT3 in Nordamerika herausgestellt hat. Insbesonders die Kooperation mit Ratels SRO und die Einführung eines ersten Versuchsballons zur Etablierung von Langstrecken-GT-Rennen in Nordamerika mit dem 6h-Lauf in Texas lassen erahnen das sich hier in den kommenden Jahren noch einiges tun wird.

Womit12hsepang2015start.jpg wir zum zweiten grossen Sportwagen-Verband kommen: die SRO plant mit der Einführung der Intercontinental GT Challenge ein neues WM-Konzept für GT3-Hersteller. Der Ansatz ist innovativ und überzeugend pragmatisch: statt bei den 4 teils etablierten Events in Australien, Nordamerika, Europa und Asien die Teams reichlich Material kostenaufwändig um die Welt karren zu lassen, sollen die Hersteller über Semi-Werksmannschaften vor Ort Punkte sammeln dürfen. Noch stehen Details zu evtl. Fahrerwertungen und Klassensystemen aus, aber auch diese Idee von Serienzampano Stephane Ratel ist zu seinen eher Besseren zu zählen, im Gegensatz zu diversen Silber- Bronze- und Blech-Sprintserien im Rahmen der SRO-Wochenenden in denen man diverse Spartenkunden zu bedienen versucht.

Aber auch die Blancpain Endurance Serie und ihr Highlight – das 24 Stunden Rennen von Spa-Francorchamps - haben sich zu einem permanenten Erfolgsmodell entwickelt, das seit Jahren für gut besetzte GT-Events mit riesigen Starterfeldern steht. Wie schon im letzten Jahr ist die einzige Bedrohung der Szene die Kosteneskalation bei den neuen Modellen, die mit Stückpreisen für zwischen 400 und 700T€ für einen neuen Lamborghini, Bentley , Porsche, Audi BMW oder Mercedes den Teams beim anstehenden Umstieg einiges an Investitionen abverlangt. Für ein professionelles 2-Wagen Team werden so mit T-Car und Ersatzteilpaketen schnell 1,5-2,5 Mio € nötig, die dann erst mal über 2-3 Saisons finanziert werden müssen.

startgt4redbull.jpgSelbst die GT4-Szene der SRO - lange ein ungeliebtes Stiefkind - scheint im nun 9.ten Jahr ihrer Existenz nach langer Zeit der Stagnation endlich wieder Fortschritte machen zu können. Die SRO hat die GT4-European Series wieder stärker in ihr Management eingebunden, der Kalender für 2016, der sogar 2 Langstreckenevent enthält, präsentiert sich aussergewöhnlich hochklassig und es sind sogar einige neue Autos homologiert worden, die auch in der Langstreckenszene gut im Einsatz sind. So hat die britische GT die GT4 als starke Zweitklasse unterhalb der GT3 etabliert und auch in der 24 Stunden-Serie stehen in 1 ½ Wochen bei den 24 Stunden von Dubai fast 16 GT4 am Start.

Die 24 Stunden-Serie ist ein Beweis, das auch andere Langstreckenkonzepte zur Zeit erfolgreich einschlagen können. Durch die starke Kundenorientierung des erfrischend klug agierenden Managements um Serienchef Gerrie Willems ist die für GT- und Tourenwagen ausgelegte Serie so erfolgreich, das man seit 2 Jahren am Anschlag operiert, was Feldgrössen, Anzahl der Events und das damit zusammenhängende Marketing anbelangt. Weiteres Wachstum scheint – zumindest in Europa - trotz des grossen Potentials nicht mehr möglich zu sein. Womit eine Option für die Organisation genant sein dürfte: zum einen die Verlagerung oder Lizenzierung auf andere Kontinente und zum anderen die Konzentration auf andere Sparten, wie zum Beispiel den 24h Tourenwagenevent in Silverstone, den man als Keimzelle einer Tourenwagen-Langstrecken-EM verstehen könnte. Jedenfalls werden auch die Events dieser Serie angesichts der interessanten Felder und des gebotenen Sports in Zukunft bei unserer Berichterstattung weiter im Fokus stehen.

Was die Creventic Serie in der Kundenorientierung alles richtig macht, das scheint zur Zeit bei einer gewissen deutschen Serie alles falsch zu laufen – und damit schlagen wir den Bogen zur nationalen Szene und zum Nürburgring der in diesem Jahr eine niederschmetternde Saison der VLN Langstreckenmeisterschaft erlebte. Es bgann mit dem tragischen Zwischenfall beim Saisonauftakt der mit einem Toten und mehreren schwer verletzten Zuschauern endete und der das just eingeführte Nordschleifen Permit-system des Deutschen Motorsport Bunds ad absurdum führte. Es folgte ein Notmaßnahmenpaket zur Sicherstellung des vor der Absage stehenden 24h-Rennens das in Geschwindigkeitsbegrenzungen und weiter eingeengten Zuschauerbereichen auf der Nordschleife mündete. Was zunächst Mut machte war das viele Parteien sich hier gemeinsam an Lösungsvorschlägen beteiligten, wie die Heimstätte des deutschen Motosports auch weiter als Bühne für die Topteams und aktuelle Sportwagen erhalten bleiben könnte. Das nun gegen Ende des Jahres offenbar wird das hier ein Tauziehen um die Zuständigkeiten und Konsequenzen zwischen dem Deutsche Motorsport Bund (DMSB) und den Aktiven eingesetzt hat, hat einen bitteren Beigeschmack zur Folge, dessen Konsequenzen für die Ringszene nach der jüngsten Boykottandrohung einer nicht unerheblichen Anzahl an Ringmannschaften noch reichlich Schlagzeilen vor dem Beginn der Saison produzieren wird. Zum Nutzen für den Sport sollte hier die faktenbasierte Argumentation zwischen den Parteien wieder in den Vordergrund treten.

Die zweite grosse nationale Bühne für die Sportwagenszene ist das ADAC GT-Masters. Nach einer Saison mit einem eher mässig besetzten Feld und eher unspektakulärer Rennen sieht man hier am Horizont wieder Hoffnung aufkeimen. Letzte Meldungen lassen ein 25+ Feld für die 10.te Saison der Serie erwarten das zudem mit reichlich neuen Wagen gefüllt sein dürfte.

Die nationale Szene profitiert daneben bis in die unteren Ligen vom stetigen Strom der zahlreichen Gebrauchtfahrzeuge, die auch bei Ligen wie der DMV-GTC, der Spezial Tourenwagen Trophy und immer neuer weiterer mehr oder weniger erfolgreicher Ligen den Eindruck einer breiten GT-Szene aufkommen lassen.

Alles in allem steht uns also auch 2016 ein weiterhin interessantes Sportwagenjahr bevor. Dieses wird auch in der kommenden Saison von unsere Seite möglichst umfassend im Langstreckenbereich verfolgt werden. In diesem Sinne wünschen euch – den Fans und Aktiven – der Autor dieser Zeilen und seine Mitstreiter einen guten Übergang und ein erfolgreiches und gesundes 2016!

Weitere internationale Kunden für den neuen M6-GT3

Diebmwm6gt3test.jpg spanische Equipe Teo Martin Racing, dieses Jahr mit 2 McLaren 650S GT3 das Meisterteam in der GT-Open, wechselt die Einsatzgeräte. Im kommenden Jahr will das Team mit 2 BMW M6-GT3 sowohl in der GT-Open als auch im neuen Michelin GT3-Le Mans Cup antreten.

Die spanische Mannschaft reiht sich damit in die Liste der neuen kunden des aktuellen BMW-Modells ein, die nach einer Übersicht unserer Kollegen von Sportscar 365 auch die italienische Mannschaft von Roal Racing und Boutsen-Ginion Racing umfassen soll. Daneben sind bereits Schubert Motorsport, ROWE Racing und die amerikansiche Mannschaft von Turner Motorsport als Kunden für den Nachfolger des BMW Z4 GT3 bestätigt worden.

Zoff am Ring zum Jahresende - DMSB im Abseits?

Kurz vor dem Jahreswechsel eskaliert der Disput zwischen dem Deutschen Motorsport Bund (DMSB) und den aktiven Fahrern und Teams am Ring um die notwendigen Konsequenzen aus dem Unfall zum VLN-Saisonauftakt bezüglich der organisatorischen Sicherheitsmassnahmen am Nürburgring. Nachdem zunächst eine Expertenkommission aus erfahrenen Nordschleifenpiloten eine Reihe von Vorschlägen im Sinne der Sicherheit und des Breitensports vorgeschlagen hatte, diese aber vom Deutschen Motorsport Bund (DMSB) nur abgeändert oder bislang gar nicht umgesetzt sieht , hat sich nun eine breite Front an Fahrern und Teambesitzern unter der Bezeichnung Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring (ILN) formiert, die sich hinter die Vorschläge der Gruppe um Dirk Adorf gestellt hat. Diese IG fordert die 1:1 Umsetzung aller Vorschläge die BMW-Werksfahrer Dirk Adorf, Porsche-Werkspilot Marc Lieb , sowie die Nordschleifenroutiniers Arno Klasen Markus Oestreich und Altfried Heger erarbeitet und vorgestellt haben.

Zwecks Abstellen der sich über die Saison als permanentes Sicherheitsrisiko entwickelnden Unfälle bei Doppelgelb hatte die Fahrer AG unter Anderem eine klar formulierte Umsetzung der CODE 60-Regelung vorgeschlagen, die beim DMSB aber bislang auf Desinteresse stösst. Statt dessen konzentriert sich die deutsche Motorsportbehörde auf die kostenpflichtige Einführung des Nordschleifenpermits und denkt nun sogar darüber nach, diesen auch in der Rundstrecken Challenge Nürburgring und der Youngtimer-Trophy zur Auflage zu machen. Dabei sollte der Permit ursprünglich nur die Qualifikation der Piloten leistungsstarker Autos sicherstellen. Nun sollen selbst Piloten kleinerer Autos den besondern teuren Permit A für das 24h-Rennen am Ring nachweisen können. Natürlich soll dieser „Nordschleifenführerschein“ nach den Vorstellungen des DMSB nicht mit dem kostenlosen eLearning-Tool der Fahrer AG sondern mit einem kostenpflichtigen Lehrgang und selbst entwickelter DMSB-Software erfolgen – dafür aber ohne eine Abschlussprüfung und ohne eine Unterweisung der Marshalls.

Das angesichts solcher Umstände die Aktiven nun in breiter Front auf die Barrikaden steigen ist wenig verwunderlich. Mittlerweile bekommt die Fahrer-AG deshalb weitere prominente Unterstützung. Olaf Manthey, Teamchef von Porsches Werks-Mannschaft am Ring, hat sich hinter die Bemühung der Aktiven gestellt. „Solange es keine Einigung über die Vorschläge der Fahrer AG gibt, werden die Teams nicht starten“. Das umfasst nicht nur seine eigene Privat-Mannschaft sondern auch die Teams von Black Falcon, das Frikadelli Racing Team, Car-Collection, Jürgen Alzen Racing und einige weitere Teams, die angeblich über 100 Autos auf der Norschleifenszene repräsentieren würden. (Weitergehende Informationen über die Breite der Unterstützerfront waren trotz unserer Anfrage leider nicht kurzfristig zu bekommen)

Selbst einige namhafte Veranstalter, so der ADAC-Nordrhein, Ausrichter des 24h-Rennens – und der ADAC stellen sich hinter die ILN und gegen die Bürokratenfront des Deutschen Motorsport Bundes. Auch wenn jetzt über die Feiertage nur der Donner der Sylvesterraketen über den Ring hallt, dürfte es auch danach wenig ruhiger zwischen dem DMSB und den Ringroutiniers in der Eifel werden.

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