Nick Tandy - Portrait des Carrera-Cup-Meisters

pcctandy.jpgNick Tandy ist der neue Meister des Porsche Carrera Cup Deutschland . „Für mich ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen“, sagte der neue Champion. „Es war die beste Entscheidung meines Lebens, in die Porsche-Markenpokale zu gehen. Nie zuvor war ich im Motorsport erfolgreicher.“ Es ist nach dem Titelgewinn von Nicolas Armindo im Vorjahr erst das zweite Mal in der 22-jährigen Historie des schnellsten deutschen Markenpokals, dass der Meister keinen deutschen Pass besitzt – und das erste Mal, dass ein Brite Champion wird.

Für den 26-jährigen Tandy bedeutet der Titelgewinn in Hockenheim auch eine stille Genugtuung. Denn hier im Motodrom hatte er beim Finale im vergangenen Jahr durch einen Unfall in der ersten Rennrunde seine Chancen auf die Meisterschaft eingebüßt. Trotz einer überragenden Premierensaison mit 5 Siegen in 9 Rennen musste er mit der Vizemeisterschaft vorlieb nehmen, während Nicolas Armindo den Titel feiern konnte. Und auch im internationalen Porsche Mobil 1 Supercup setzte sich am Ende Routinier René Rast durch, Tandy wurde auch dort Vizemeister. In die neue Saison ging er als Favorit – und wurde mit dem Auftaktsieg den Erwartungen gerecht. „Ich fuhr nach dem Rennen von Hockenheim weg und war mir sicher: Dieses Jahr wirst Du Meister“, gibt er offen zu. „Das war nicht arrogant, ich war mir einfach sicher, dass ich so stark bin.“

Stattdessen gab es eine Achterbahnfahrt. Schon beim zweiten Rennen in Zandvoort ging zunächst alles schief. Tandy überschlug sich im freien Training und bekam auch noch eine Strafe aufgebrummt, weil er unter gelber Flagge zu schnell gefahren war. In strömenden Regen in Spielberg gewann Jaap van Lagen, Tandy baute als Zweiter die Tabellenführung aus. Dritter auf dem Lausitzring, aber weiterhin an der Spitze der Gesamtwertung. „Die Meisterschaft ist viel härter geworden als im letzten Jahr“, analysiert er. „Der Grund dafür ist aber, dass die Leistungsdichte noch einmal enorm zugelegt hat. Außerdem hatte ich ja 2010 gelernt, dass man auch mit fünf Saisonsiegen nicht automatisch Meister wird.“

Dann kam der Tiefpunkt. Als Spitzenreiter reist Tandy zum Saisonhöhepunkt in die Eifel, wo auf der Nordschleife der Porsche Carrera World Cup ausgetragen wurde. Übermotiviert knallte Tandy nach zehn Minuten in der Aremberg-Kurve ins Aus und rutschte in der Meisterschaftstabelle auf den dritten Platz ab. „Mein erster Gedanke, nachdem ich da im Wald neben meinem havarierten Auto stand, war: Was für eine blöde Idee, zum Nürburgring gekommen zu sein. Dann habe ich mich selbst beschimpft: Was bist Du für ein Idiot! Ich hatte durch den Unfall sowohl die Tabellenführung im Carrera Cup als auch die im Supercup verloren, dazu sehr viel Preisgeld verspielt. Und das hätten wir dringend gebraucht“.

pcc7a.jpgMit einem falsch abgestimmten Elfer, den er kaum auf der Strecke halten konnte, schwamm er auf dem regennassen Norisring nur auf Rang 5. Beim zweiten Eifellauf, diesmal auf dem Grand-Prix-Kurs, wendete sich das Blatt. Am Porsche 911 GT3 Cup des führenden Edwards platzte in der letzten Rennrunde ein Reifen, Tandy, der ihm wie ein Schatten folgte, erbt den Sieg und setzt sich erneut an die Tabellenspitze. Mit einem blitzsauberen Sieg baut der Brite beim vorletzten Saisonlauf in Oschersleben seine Führung weiter aus. Beim Finale holte er die Pole-Position und sicherte sich mit dem dritten Rang den ersehnten Meistertitel.

Die Saison 2011 ist im Grund ein Spiegelbild der Karriere des neuen Champions. Diese verlief nicht geradlinig. Und sie ist stark vom britischen Motorsport geprägt. „Ich bin kein typisches Kart-Kid“, sagt er. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Joe beginnt er als Zehnjähriger in so genannten Ministocks – mit einer Art Rammschutz ausgestattete Mini Cooper – auf kleinen Ovalen seine Fahrreflexe zu schulen. „Wir hatten vor allem einen Heidenspaß“, erinnert er sich. Dann gewinnt Tandy den Wettbewerb einer Formel-Nachwuchsklasse und steigt in die britische Formel-Ford-Meisterschaft auf, die auf der Insel Kultstatus genießt. 2007 gewinnt Tandy das Weltfinale der Serie, erhält ein Cockpit in der nationalen Formel 3 auf und schwimmt auf der Welle des Erfolges, als ihn ein Schicksalsschlag schwer trifft. Sein Bruder, der auch das Formel-3-Team führte, kommt im Mai 2009 bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Und Tandys Karriere steckt in einer Sackgasse.

pcckonrad.jpgVielleicht wäre das große Ausnahmetalent in Vergessenheit geraten, wenn es denn Franz Konrad nicht gäbe. Der langjährige Teamchef des erfolgreichen Porsche-Rennstalls gibt dem Briten im September 2009 die Chance, ein Carrera-Cup-Rennen zu bestreiten. Tandy kommt nach Dijon mit der Erfahrung eines Gaststarts im britischen Cup, holt im Regen Startplatz zwei und wird im Rennen Zweiter hinter Jeroen Bleekemolen, der für das Konrad-Team den Supercup bestreitet. „Ohne Franz wäre ich heute weg vom Fenster und würde in meinem Beruf als Autoglaser und mit irgendeinem Zusatzjob im Motorsport mein Geld verdienen. Ich bin ihm sehr dankbar. Der Porsche Carrera Cup Deutschland ist neben dem Porsche Mobil1 Supercup sicher der am besten und am stärksten besetzte nationale Porsche-Cup. In diesem Jahr war der Wettbewerb enorm hart. Vielleicht waren wir, auch als Team, im letzten Jahr zu gut. Verglichen damit, haben wir in diesem Jahr, wenn mal nicht alles wirklich perfekt lief, einfach blöd ausgesehen. Aber es gab in diesem Jahr sechs verschiedene Sieger in den ersten sechs Rennen, das sagt eigentlich alles über die Leistungsdichte aus.“

PCC-Finale Hockenheim: Sieg für Edwards - Titel für Tandy

pcc9a.jpgAm Ende eines spannenden Rennens reichte Nick Tandy sein dritter Platz im Finallauf in Hockenheim, um den Titel im Porsche Carrera Cup Deutschland 2011 zu gewinnen. Es ist der größte Motorsporterfolg in der Karriere des 26-jährigen Briten vom Team Konrad Motorsport. „Wir haben zwei Jahre daran gearbeitet und nun haben wir es geschafft, die Meisterschaft zu holen. Ich könnte nicht glücklicher sein. Es ist die beste Zeit in meinem Leben. Ich bin jedem, der im Team dazu beigetragen hat, diesen Erfolg zu feiern, unendlich dankbar. Das Rennen war natürlich unglaublich. Ich musste ja nicht gewinnen, um den Titel zu holen, aber zur Mitte des Rennens lag mein Auto so gut, dass ein Sieg drin war. Und dazu sind wir ja da: um Rennen zu gewinnen!“ Sein härtester Widersacher um die Meisterschaft, Landsmann Sean Edwards, krönte seine zweite Saison im deutschen Markenpokal mit dem Sieg beim Abschlussrennen. Er sicherte sich so außerdem den Vizetitel und verhalf seinem Team Deutsche Post by tolimit zum Gewinn der Teammeisterschaft. „Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht, dass ich die Meisterschaft nicht gewonnen habe; das Pech am Nürburgring war der Grund. Wir haben aber am Wochenende gezeigt, dass wir das Auto haben, das es zu schlagen gilt. Ich bin wirklich zufrieden mit dem Resultat. Alle sind total happy. Und ich möchte natürlich Nick gratulieren - immerhin ist ein Brite Meister geworden.“

Von der Pole-Position gestartet, ließ der zunächst vorsichtig agierende Nick Tandy noch in der ersten Rennrunde den Rivalen Edwards und Förch-Racing-Pilot Rene Rast ziehen. Während sich Edwards nach einigen Runden an der Spitze leicht absetzen konnte, hing Tandy mit dem 450 PS starken Porsche 911 GT3 Cup förmlich am Heck von Rasts Elfer. In der zehnten Runde zog der Brite an dem Deutschen vorbei und machte nun Jagd auf den führenden Edwards. Der Schrecken für die Konrad-Mannschaft setzte vier Runden vor Schluss ein: Tandy wurde aufgrund von Problemen am Vorderrad langsamer. Tandy: „Einige Runden vor Schluss war dann irgendetwas mit dem rechten Vorderrad, ich weiß noch nicht, was es war. Aber mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Dass es dann am Ende gereicht hat, macht mich überglücklich.“ Rast fuhr wieder auf Rang zwei vor. Von hinten kam bereits ein routiniertes Carrera-Cup-Trio näher, das Morgenluft auf einen Podiumsplatz witterte. Doch am Ende ging alles gut, Tandy konnte seinen Elfer auf P3 fahren – und das bedeutete den Gewinn der Meisterschaft für den dreimaligen Saisonsieger. pcc9b.jpg

Rene Rast machte mit Rang zwei beim Finale noch einen Platz im Gesamtklassement gut und schließt die Saison als Fünfter der Tabelle ab. Rast: „Mit dem zweiten Platz als Saisonabschluss bin ich wirklich zufrieden. Sean war an der Spitze zu schnell, da hatte ich keine Chance. Schön ist es auch, dass wir mit Förch Racing am Ende auf dem vierten Platz der Teamwertung gelandet sind.“

Als Vierter fuhr der nun entthronte Champion des Jahres 2010, Nicolas Armindo, über die Ziellinie. Der Franzose vom Team Hermes Attempto Racing beschloss damit eine äußerst schwierige Saison ohne einen einzigen Podiumsplatz ganz versöhnlich. Der fünfte Platz von Zandvoort-Sieger Jeroen Bleekemolen war ein Grund zur Freude für den Niederländer, der an diesem Tag seinen 30. Geburtstag feierte. Er sicherte dem zweiten tolimit-Piloten den dritten Platz in der Gesamtwertung des deutschen Markenpokals. Diese Platzierung ist umso bemerkenswerter, als der zweimalige Supercup-Champion Bleekemolen bei zwei Carrera-Cup-Rennen wegen Verpflichtungen in der ALMS aussetzen musste.

Für Christian Engelhart ging es als Gaststarter von Konrad Motorsport in erster Linie darum, dem Team zu weiteren Zählern zu verhelfen. Das klappte gut: Engelhart wurde Sechster, Franz Konrad freut sich über den zweiten Platz in der Teamwertung. Ein wenig enttäuscht war Lausitzring-Sieger Nicki Thiim über den siebten Rang beim Finale. Der Sohn des ehemaligen DTM-Meisters Kurt Thiim war beim vorletzten Saisonlauf in Oschersleben noch auf dem dritten Tabellenplatz gelegen, wurde nun aber von Bleekemolen auf Rang vier verdrängt. Die erstmals ausgeschriebene Sonderwertung für Gaststarter gewann der Schweizer Raffi Bader.

Am 28. Oktober strahlt der TV-Sender Sport1 von 17:30 bis 18:00 Uhr das Carrera-Cup-Magazin mit Rennrückblick, Interviews und Reportagen zum Finale aus und am 29. Oktober ab 13:45 Uhr einen einstündigen Saisonrückblick zum Porsche Carrera Cup Deutschland.

GT Brasil - Campo Grande - Ergebnis Lauf 1

Wagner Ebrahim (Ebrahim Motors-Audi R8 LMS GT3; Bild) holte in Campo Grande erstmals seit seinem Wechsel auf den Audi einen GT Brasil-Laufsieg. Mit auf das Podium stiegen Xandy Negrao Sr. und Jr. (Mattheis-Lamborghini Gallardo LP600; +0,416s) und Juliano Moro / Aloysio Coelho (AH Competicoes-Ford GT; +15,979s).

Rafael Derani / Claudio Ricci (CRT-Ferrari F458 GT3; +22,204s) wurden Vierte, dahinter konnte sich Pedro Queirolo (TNT Racing-Corvette Z06; +30,385s) knapp gegen Daniel Serra / Chico Longo (Via Italia-Ferrari F458 GT3; +30,820s) durchsetzten. Rang 7 reichte für Valdeno Brito / Matheus Stumpf (AH Competicoes-Ford GT; +1:01,246), um die Führung in der Meisterschaftstabelle zu behalten. In der GTBR4-Kategorie gewannen Cristiano Federico / Caio Lara (ATW Racing-Aston Martin Vantage GT4).

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