LMP2 vor weiteren Einschnitten

Der ACO hat eine weitere Reduzierung der Motorleistung der LMP2-Klasse angekündigt. Diese erfolgt vor dem Hintergrund das in der abgelaufenen Saison der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft die Hypercars einen zu kleinen Leistungsvorsprung auf der Strecke gegenüber den LMP2 gehabt hätten. Wie mehrere angelsächsische Medien melden soll dabei nicht nur die Leistung der in der abgelaufenen Saison etwa 535PS leistenden 4,2l Gibson V8-Motoren weiter reduziert werden. Darüber hinaus wird auch über eine weitere Reduzierung der Tankinhalte der mittleren Prototypenklasse nachgedacht. Diese umfasste bislang 75 Liter. Im Gespräch wäre demnach eine weitere Reduzierung um 10 Liter, was die in dieser Saison angestiegenen Stintlängen der Wagen wieder reduzieren würde.

Schon in der vergangenen Saison hatte der ACO die Leistung der LMP2 in 2 Schritten zunächst von etwa 600PS in 2019 auf 560PS und dann um weitere 25PS auf 535 PS reduziert. Zusätzlich mussten die Wagen auf allen Strecken mit einem Low-Downforce-Aeropaket ausrücken, während die angedachte Einführung von „Holzreifen“ von Einheitslieferant Goodyear wegen zu erwartender Schwierigkeiten für die obligatorisch vorgeschriebenen Privatpiloten ausgesetzt wurde. Die Leistungsreduzierung war notwendig geworden, weil man die als Top-Klasse gedachten 670 PS starken aber schwereren Hypercars nicht hinter die LMP2 zurückfallen lassen wollte, die in Le Mans schon Zeiten von unter 3:25 gefahren waren. In der neuen Konfiguration erreichten die hochentwickelten Oreca-Wagen (der französische Hersteller hat mittlerweile faktisch das Liefer-Monopol in der Klasse) in Le Mans Qualifikationszeiten von 3:27.9 während man im Vorjahr mit 60 PS mehr noch eine Top-Zeit von 3:24,5 erzielt wurde. Doch während 2020 mit den LMP1 noch Zeiten von 3:15 gefahren wurden präsentierten sich die neuen LMH nun 9 s langsamer. Für den Geschmack der LMH-Hersteller und des ACO ist die Differenz zwischen den beiden Klassen mit nun 4s gegenüber 9,5s in 2020 wohl noch nicht ausreichend genug.

2017 hatte der ACO die neue Leistungsformel mit den stärkeren Gibson-Einheitsmotoren eingeführt, die zwar mehr Leistung, aber auch mehr Verbrauch des hubraumstarken V8-Motors mit sich brachte. In der ersten Saison sanken die Stintlängen in Le Mans auf unter 40 Minuten und durchschnittlich 9 Runden. Vergleicht man die leistungsreduzierten LMP2-Motoren mit der noch ungedrosselten Variante 2020 so fällt auf, das der Performance-Schnitt sich weniger in den Rundenzeiten als auch im Spritverbrauch niederschlug. 2020 betrug die durchschnittliche Rundenlänge eines LMP2 in Bahrain 23 Runden. 2021 wurden beim 8 h Lauf an selber Stelle unter regulären Bedingungen 25 Runden lange Stints gefahren. Das macht bei einer Streckenlänge von 5,412km und einem angenommenen Tankvolumen von 75l einen Maximalverbrauch von 60l/100km 2020 und gut 55l/100km in 2021 aus. Die schnellsten Rundenzeiten im Rennen sanken dabei auf dieser Strecke von 1:48,8 auf 1:52,2.

Zu erwarten ist nun das der angekündigte weitere Performance-Schnitt zwar Rundenzeiten und Spritverbräuche weiter beschneiden wird, dafür im Gegenzug aber die Verkleinerung der Tankinhalte die FIA Langstrecken Weltmeisterschafts und ELMS-Läufe wieder zu einem „Tankstopp-Masters“ mit annähernd halbstündigen Boxenstopps mutieren lässt. Speziell die längeren Boxenstopps werden sich dabei signifikanter für den Abstand zwischen LMH/LMDh und LMP2 erweisen als der Effekt der eingeschränkten Leistung. Ob Langstrecken-Traditionalisten halbstündige Stints mit bescheidenen Reichweiten innerhalb der Quasi Einheitsklasse (wie berichtet hatte der ACO die Oreca-Monokultur just kürzlich für ein weiteres Jahr festgeschrieben) noch sportlich und technisch interessant finden werden, steht wahrscheinlich auf einem anderen Blatt.

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