Wer ist nun GT2-Sieger in Le Mans?

Hankook-FerrariFür Verwirrung sorgte nach dem Rennen das letzte offizielle Endergebnis des ACO, wonach die Ergebnisse der ersten beiden Plätze in der GT2 aufgrund der technischen Überprüfung der Motoren als vorläufig anzusehen seien. Dies liess sofort Spekulationen entstehen, dass es Unregelmässigkeiten beim nachträglichen Check des Felbermayr-Proton-Porsches und des Farnbacher Racing-Ferraris gegeben haben soll. Gerüchte über nicht bestandene Stall-Tests der beiden deutschen Teams machten sofort die Runde. Allerdings war wohl die Darstellung des ACO einfach nur missverständlich, wie Horst Farnbacher uns nun telefonisch erklärte.

„Nein – mit dem Stall-Test hat das nichts zu tun. Der ACO wollte einfach nur am bestplatzierten Porsche und dem bestplatzierten Ferrari noch einmal einen intensiveren Motorcheck durchführen. Das war aber in Le Mans nicht mehr zu machen. Also sind die Motoren beider Fahrzeuge verplombt worden und die Autos dann zurück zu den Herstellern - in unserem Fall zu Michelotto - gegangen. Dort werden sie in den kommenden Tagen mit Vertretern des ACO überprüft werden. Ich gehe in unserem Fall nicht davon aus, dass dort Unregelmässigkeiten entdeckt werden. Proton-PorscheZumindest bei Ferrari galt dieses Vorgehen wohl auch mehr den Triebwerken von Risi Competitione oder AF Corse. Wir haben einen normalen Kundenmotor – von daher erwarte ich da nichts Relevantes.“

Also nur falscher Alarm? Beide GT2-Top-Teams gehen davon aus, dass sich das Ergebnis nicht nachträglich ändert. Profitieren würde in solch einem Fall das bislang dritte Team - die BMS Scuderia Italia Mannschaft, die einen Porsche für Marco Holzer, Richard Westbrook und Timo Scheider einsetzte. Diese Equipe hatte in der letzten Stunde mit einer ausgefallenen Kupplung und einem nur noch auf fünf Töpfen laufenden Motor zu kämpfen und stand kurz vor der Aufgabe. Neuer Zweiter wäre in diesem Fall das AF Corse-Ferrari-Team vor dem IMSA Matmut-Porsche.

Superstars GT Sprint – Hockenheim

10sup421fAuch in Hockenheim gingen die Siege in der GT Sprint-Serie an die schon zuletzt erfolgreichen Ferrari-Teams: Den ersten Lauf des Wochenendes gewann Niki Cadei (AF Corse-F430 GT2) vor Maurizio Mediani (Vittoria Competizione-F430 GT2; +8,224s) und Fabrizio Armetta (Scuderia Ventidue-Corvette Z06; +48,688s). Im zweiten Rennen setzte sich Alessandro Bonetti (Vittoria Competizione-F430 GT2) gegen Glauco Solieri (Edil Cris-F430 GT2; +2,735s) sowie Cedric Sbirrazzuoli (AF Corse-F430 GT2; +6,379s) durch.

Die beiden Top-Mannschaften konnten damit ihren Vorsprung im Punkteklassement ausbauen – dort führen Mediani / Bonetti (134) und Cadei / Sbirrazuoli (129) klar vor Solieri (81). Nun folgt im GT Sprint-Kalender eine dreimonatige Pause - die nächsten Läufe sind erst für Mitte September in Paul Ricard vorgesehen.

Le Mans 2010 - Was für ein Höllenritt!

AudisWar das ein Rennen! Nur drei Wochen nachdem die 24 Stunden am Nürburgring mit der spannendsten Ausgabe der letzten Jahre die Motorsportfans begeisterten, wurde beim 78.ten 24 Stunden Rennen von Le Mans (der Link führt zum Rennbericht auf unseren Seiten) nachgelegt.

Die 78.te Ausgabe des Klassikers wurde zu einem historischen Rennen, das wieder einmal in aller grausamen Konsequenz die einfachen und simplen Regeln dieser Veranstaltung offenbarte. So zum Beispiel „Du brauchst zwar ein schnelles, aber nicht notwendigerweise das schnellste Auto, um zu gewinnen.“ - eine Weisheit, die Audi schon zum zweiten Mal in drei Jahren und heuer die Teams von Felbermayr-Proton und Larbre Competition bestätigten. Oder: „Um Le Mans zu gewinnen darfst du dich nicht selbst schlagen.“ Dies bewies im letzten Jahr Audi - nun ging die Reihe an Peugeot, diese Regel zu bestätigen. Eine weitere Weisheit wurde ebenfalls durch einige Teams - allen voran durch die ingolstädter - bestätigt: „Eine fehlerlose Mannschaftsleistung ist durch nichts zu ersetzen“ - "noch nicht mal durch ein schnelleres Auto" könnte man ergänzen.

Was gibt es nach dieser denkwürdigen Ausgabe festzuhalten?

  • Der Triumph der Audi war verdient. GrillfestAm Mittwoch zeigte man sich schockiert vom Speed der Peugeot: 4s pro Runde verlor man auf die 908. Das hätte im Endeffekt über 24 h einen Rückstand von sieben Runden zwischen dem schnellsten 908 und dem schnellsten R15+ bedeutet. In einer Kraftanstrengung schaffte es das Team, den Rückstand bis zum Donnerstag auf 2s zu reduzieren. Im Rennen wurde dann an alle R15-Crews die Devise ausgegeben, mit allen drei Autos das Tempo im Rahmen der Möglichkeiten hoch zu halten, um die 908 unter Druck zu setzen. Die Rechnung ging auf. Die Löwen verloren schon am späten Samstag nachmittag einen Wagen mit einem irreperablen Aufhängungsschaden. Am Sonntag morgen verglühten dann alle drei verbliebenen 908 der Reihe nach mit Turboschäden auf der rechten Seite - unmittelbar nach vorangegangenen Boxenstopps. Das deutet auf eine Überhitzung der angeblich bis zu 5000° heissen Lader bei den Boxenstopps hin, die den Löwen zum Verhängnis wurde.

  • 39 Jahre nach dem anscheinend für die Ewigkeit geltenden Distanzrekord von Helmut Marko und Gijs van Lennep auf dem legendären Porsche 917K mit 5335km fiel diese Marke. Audi und den Siegerpiloten Timo Bernhard, Mike Rockenfeller und Romain Dumas wird in Zukunft der neue Distanzrekord von 5410 km zugeschrieben werden können.

  • Neben Audi freute sich auch Porsche - aus zwei Gründen: Zum einen gelang den Weissachern ein genauso unverhoffter Sieg mit dem Felbermayr-Proton GT2-Porsche von Lieb / Lietz / Henzler wie den Ingolstädtern, da die schnelleren Corvettes am Sonntag morgen Opfer von Motorschäden wurden wie die Peugeot. Den ebenfalls schnelleren Risi Competitione-Ferrari warf ein Problem mit der Schaltung aus dem Wettbewerb. Zum Zweiten kamen die Gesamtsieger auf dem Audi mit der #9 eigentlich aus Weissacher Diensten zum Audi Sport Team Joest. Mike Rockenfeller hatte von 2002-2006 Karriere auf den Arbeitsgeräten von Porsche gemacht, ehe er zu den Ingolstädtern wechselte. Timo Bernhard und Romain Dumas werden seit zwei Jahren bei Bedarf von den Weissachern an Audi ausgeliehen - die Connection zahlte sich nun aus.

  • Wie im Vorfeld bekannt wurde, war es das letzte Rennen der GT1 an der Sarthe. Mit einer ungewöhnlich hohen Ausfallquote kam es zu einem verblüffenden Ergebnis. SaleenEs gewann nicht etwa einer der neuen Ford-GT oder der vertrauten Seriensieger von Corvette oder Aston Martin - sondern der Larbre Competition-Saleen, der bei seinem letzten Einsatz, den Larbre-Teamchef Jack Leconte mit einem Mini-Budget und zahlenden Privatiers durchführte, zu seinem ersten Klassensieg in Le Mans keuzte.

  • 83% des LMP2-Feldes im Ziel? Nie im Leben! So hätte die Antwort der ausgewiesenen und selbsternannten Experten vor dem Rennen gelautet, wenn man auf dieses Ergebnis getippt hätte. Mit dem HPD von Strakka Racing gewann sogar eine Favoriten-Crew, deren Erfolg bei Debüt ebenfalls verdient war. Die kleine Prototypen-Klasse war ein ungewohnter Ausbund an Zuverlässigkeit. Auch die Teams von Kruse-Schiller Motorsport und die schweizer Debütanten von Race-Performance sahen verdient die Flagge.

  • Drei weitere neue Erkenntnisse - die wir euch nicht vorenthalten wollen - fielen unserem amerikanischen Kollegen Janos Wimpffen in Le Mans auf:
    Erstens: Bei Peugeot weiss man, wie ein gutes Grillfest zelebriert wird.
    Zweitens: Jedes Langstreckenrennen wird von Peugeot gewonnen - zumindest theoretisch.
    Drittens: Sollten Sie Besitzer eines ALMS-Teams sein und eine Le Mans-Teilnahme erwägen? - Dann vergessen Sie es besser! (Mit einer Ausnahme sah keines der ALMS-Teams die Zielflagge - und Highcroft als Ausnahme schleppte den waidwunden HPD auf sieben Zylindern in der letzten Runde ins Ziel.)

Weitere Kurzfakten zum Rennen – deren gibt es noch viele – folgen in den nächsten Tagen.

Meistgelesene Einzel-Artikel der letzten 2 Wochen