VdeV in der Krise - eine Analyse
Am heutigen Samstag läuft das Saisonfinale der VdeV-Serie im portugiesischen Estoril. Kenner der Serie wird dabei nicht entgangen sein das der Zeitplan deutlich gestraffter als in den letzten Jahren ausfällt: nach einer 1-Tages-Veranstaltung ist quasi am Samstag Abend Schluss. Und es könnte durchaus sein das wir die seit 1992 existente Traditionsserie im kommenden Jahr gar nicht mehr auf dem Schirm haben könnten!
Das sah vor wenigen Jahren noch ganz anders aus. Beim Finale vor 3 Jahren standen noch 31 CN-Prototypen im 6h-Rennen am Sonntag und und ein buntes GT- und LMP3-Feld von 30 Autos beim Finale der GT-Serie am Samstag am Start. Flankiert wurden die beiden grossen Felder im Rahmenprogramm von einem ebenso stark besetzten CN-Sprint-Feld der Funyo-Serie und einem gut besetzten historischen Feld, sowie der Formel-Serie die sich auf ältere Formel-Renaults beschränkte. An diesem Wochenende bietet sich ein völlig anderes Bidl: die CN sind komplett verschwunden und vom ehemals starken GT-Feld sind 5 (!) kümmerliche Wagen übrig geblieben während der Rest des Feldes aus LMP3-Teams besteht. Nur die Formelserie füllt das Programm an diesem Samstag auf.
Der Niedergang kommt nicht von ungefähr – wenn man hinter den Kulissen nachfragt, hat sich die Organisation um Namensgeber Eric van der Vyer in den letzten 3 Jahren eine Reihe von haarsträubenden Managementfehlern erlaubt, die nun zum Niedergang der Serie geführt haben.
Augenscheinlich nahm die Entwicklung den Anfang vor 3 Jahren als man - unterstützt von Vertretern des ACO - im Verlauf der Saison 2015 die ersten LMP3 in die Serie integrierte. Diese mussten in die GT-Serie untergebracht werden, da die schnelleren CN laut Meinung der LMP3-Lobbyisten (ACO-Boss Pierre Fillon und Onroak-Chef Jacques Nicolet nahmen damals zeitweise auch als Piloten an der Serie teil) der Entwicklung der neuen Plattform im Wege standen. In der GT-Serie aber waren die Wagen von Anfang an schneller eingestuft worden als die Top-Klasse der GT3 und GT2, was zu einer konsequenten Erodierung des GT-Feldes führte. Hätte man von Anfang an darauf geachtet das mittels einer entsprechenden BoP die LMP und die GT3 auf Augenhöhe miteinander kämpfen könnten – die Gulf 12 hours demonstrieren das dies mit kleineren Änderungen bei den Fahrzeuggewichten und Fahrereinstufungen machbar ist – dann wären die nun in die zweite Reihe des Renngeschehens verbannten privaten GT-Besitzer weiter bei der Stange geblieben. Da half der Serie auch nicht das die aus dem selben Grund (LMP3-Einführung – zufälligerweise initiiert von Oreca-Boss und Serien-Organisator Hugues de Chaunac) zugrunde gerichtete französische GT-Meisterschaft das nationale GT3-Feld weiter erodierte – lediglich Ratels SRO und die Creventic Serie und natürlich der ACO profitierten vom Abgang der GT-Teams, der in der VdeV mit nun noch 2 GT3 und 3 Shiluetten-Autos die Hälfte der Kundenbasis der Serie gekostet hatte.
Die andere Hälfte kam der Serie mit konsequenten Fehlentscheidungen bei der CN-Prototypenserie zugunsten der LMP3 abhanden. So kam bereits erste Unruhe auf als vor 5 Jahren eine neue Generation geschlossener CN-Prototypen als zukünftige Top-Plattform in Aussicht gestellt wurde. Die Entwicklung dieser Autos wurde dann zugunsten der vom ACO propagierten neuen LMP3-Plattform eingestellt, und die wenigen geschlossenen CN-Prototypen die realisiert wurden kamen weder ästhetisch noch performance-mässig an die existierenden kleinen, leichten und agilen CN-Wagen heran. Der Kundenstamm der Serie basierte jedoch im Jahr 2016 schon vornehmlich aus Kunden der französischen Hersteller Norma und Ligier . Als Ligier seine Kunden dazu drängte in die LMP3 umzusteigen, wurde aus der Serie 2017 ein reiner Norma-Markenpokal der mit nur 15 Teilnehmern zunehmend defizitär für die Serie wurde.
Es brauchte nun nur 2 zusätzliche Lobby-Entscheidungen um den CN, die naturgemäss ein Dorn im Auge der LMP3-Hersteller waren - endgültig den Todesstoss zu versetzen. Zum einen wurde den Teilnehmern die Umrüstung auf einen (stärkeren) Peugeot-Turbomotor von Sodemo gestattet, zum Anderen bekam Ligier für seinen seinen ebenfalls stärkeren JS P4 „LMP4“ ebenfalls eine Startberechtigung in der Serie 2018. Anlass genug das die Hälfte der 15 Teilnehmer 2017 ebenfalls den Stecker zog. Damit war das einst glorreiche CN-Teilnehmerfeld, das in seiner Glanzzeit der Serie einen inoffiziellen EM-Status in dieser Fahrzeugklasse verliehen hatte, hinreichend reduziert um keine eigene Serie mehr beschicken zu können. Also musste die Integration ins LMP3/GT3/Shiluetten und Tourenwagenfeld nun Anfang dieser Saison zwangsumgesetzt werden. Um die neue Top-Klasse der LMP3 weiter gesamtsiegfähig zu erhalten wurden eine Reihe von Zwangseinbremsungen an den CN (u.a. Anzahl der obligatorischen Boxenstopps) verordnet. Die chaotischen Abläufe um den komplett hinter dem Safetycar absolvierten Saisonauftakt in Barcelona „überzeugten“ dann die restlichen verbliebenen 7 Crews die Brocken nach nur einem Lauf endgültig hinzuschmeissen und die Serie zu verlassen.
Allerdings war auch in der LMP3 nicht alles eitel Sonnenschein. Spontane Reglementsänderungen, und Fahrerkategorie-Umstufungen vor den Wochenenden sowie eine Vernachlässigung der internationalen, nicht-französischen Kundschaft taten ein übriges um auch diesen letzten verbliebenen Kundenstamm zu verärgern. Das mündete hinter den Kulissen abseits der Serie darin das sich nun eine Alternative zur VdeV-Organisation formiert hat, die eine eigene Veranstaltungsserie für 2019 nach dem erfolgreichen alten Modell der Serie plant.
Die bislang eher mit Motorad-Events vertraute Ultimate Cup Series will 2019 eine Serie mit 6 Events auf 6 europäischen Kursen durchführen, wo GT-Fahrzeuge verschiedenster Klassen, CN-Fahrzeuge, LMP3 und sonstige Prototypen in einer „P4-Klasse“ in einem Langstreckenformat an den Start gehen können. Mit einer Sprintserie für Formalfahrzeuge bereitet man sich darauf vor gegebenenfalls die gesamte Konkursmasse der VdeV-Serie aufnehmen zu können. Die neue Serie hat bereits Michelin als Unterstützer und Hauptsponsor der Serie mit ins Boot holen können. Insbesondere die Besitzer der zahlreichen CN-Prototypen sollen schon Gewehr bei Fuss stehen um im neuen Serienpaket endlich wieder an den Start gehen zu können.
Allerdings sind Details zum Konzept der neuen Veranstaltung erst für November dieses Jahres angekündigt worden, so das noch nicht klar ist ob und wie sich die Felder ggf. aufteilen werden. Zudem sind auch die Pläne der VdeV-Serie für 2019 noch nicht bekannt – es könnte also durchaus zu der (in Frankreich nicht zum ersten Mal vorkommenden) Situation kommen das 2 Serienpakete um einen erodierten Kundenstamm konkurrieren. Die Zukunft wird zeigen müssen ob die französische Privatfahrerszene im Sportwagenbereich sich nun endlich wieder erholen kann oder um ein weiteres peinliches Kapitel bereichert wird.