Le Mans Vorschau Teil 1 - die LMP1-"Diesel"-Klasse
In einer Woche starten die 78. 24 Stunden von Le Mans mit den ersten freien Trainings auf dem Circuit de la Sarthe. Die Mutter aller Langstreckenrennen wird zum vierten Mal in Folge den Diesel-Klassiker Audi gegen Peugeot an der Spitze zum Hauptthema des Rennens haben. Denn das vergangene Rennen der Le Mans Serie in Spa hat gezeigt, dass abermals an der Benziner-Front kein Konkurrent in Sicht ist, der den beiden Werksmannschaften mit den Selbstzündern das Wasser reichen könnte. Die Leistungs-Beschneidungen des ACO fielen zum dritten Mal in Folge scheinbar nicht ins Gewicht - wobei den Französischen Regelmachern zu Gute zu halten ist, dass angesichts der Abwesenheit von hochklassigen Herstellern an der Benziner-Front ein Einpendeln der Konzepte immer einem Gestochere im Dunklen gleicht. Denn die letzten hochentwickelten Werksmotoren in diesem Bereich kamen ebenfalls von Audi und die geben ihre FSI-Triebwerke nach einer negativen Erfahrung wohl nicht mehr an Kundenteams weiter.
Wie im vergangenen Jahr stehen neun Autos mit den Selbstzündern im Heck am Start. Abgesehen von den Besatzungen hätten wir an dieser Stelle auch beinahe den Artikel aus dem vergangenen Jahr aus dem Archiv holen können, zumal nur eine Änderung sich seitdem ergeben hat. Vier Peugeot - drei Werkswagen sowie der Oreca-908 Hdi-FAP -, drei Werksaudis und die beiden privaten Audi R10 des Team Kolles stellen die Selbstzünder-Flotte in diesem Jahr. Im vergangenen Jahr dezimierte sich diese Klasse durch das hohe Renntempo und diverse Zwischenfälle allerdings selbst, so dass auch 2010 kaum zu erwarten ist, dass der beste Benziner erst auf P10 ankommen wird. Eher wird der Kampf noch härter werden, wenn man die Ergebnisse in Spa-Francorchamps genau unter die Lupe nimmt.
Peugeot kommt als der grosse Titelverteidiger. Im letzten Jahr siegte der langsamere Wagen (der „Cruiser“) von Wurz / Gene / Brabham beim Klassiker. Zwischenfälle mit den schnelleren Autos verhagelten den anderen beiden Crews den Sieg. Taktische Schnitzer gehören bis heute zum Repertoire der Löwen wie das Rennen in Spa erneut offenbarte. Inwieweit auch in diesem Jahr die Peugeot-Mannschaften taktisch in „Cruiser“ und „Jäger“ im Rennen aufgeteilt werden, muss nach dem Start abgewartet werden. Wurz / Gene / Davison, Minassian / Sarrazin / Montagny und Bourdais / Lamy / Pagenaud sind jeweils für beide Aufgaben gerüstet.
An der Privatiersfront hat sich bei den Löwen die einzige Änderung im Dieselfeld ergeben. Nach dem schweren Unfall des Pescarolo-908 im vergangenen Jahr hat nun Oreca die Verantwortung für den Einsatz des auf aktuellem Stand gebrachten Vorjahreschassis bekommen. Die Franzosen taten sich allerdings bislang schwer mit dem Wagen. Ob an der Sarthe der Knoten platzt, wird abzuwarten sein.
Audi kommt mit einem runderneuerten R15 an die Sarthe dessen Konzept der aerodynamischen Wagendurchströmung nach der Niederlage in Le Mans im vergangenen Jahr im hohen Bogen über Bord geworfen wurde. Man hat die Niederlage in bei den 1000km in den Ardennen achselzuckend weggesteckt. Gewonnen hat man im Gegenzug wertvolle Erfahrungen, wie Ralf Jüttner uns nach dem Rennen erläuterte. „Wir haben hier eine Menge über das Low-Grip-Verhalten unserer Wagen in Le Mans Konfiguration gelernt, während Peugeot hier mit der Sebring-Aerodynamik auf einen sicheren Sieg fuhr. Trotzdem konnten wir bis zum Ende um den Sieg mitkämpfen und haben den nur durch den misslungenen Reifenpoker zum Schluss verloren. Die Low-Grip-Erfahrungen hier werden in Le Mans Gold wert sein, wenn es dort regnen oder kalt sein sollte.“ Mit den Besatzungen Rockenfeller / Bernhard / Dumas und dem Klassiker Kristensen / Capello / McNish ist man personell den Löwen ebenbürtig aufgestellt. Wie sich das neue Trio Lotterer / Treluyer / Fässler schlagen wird, muss abgewartet werden, denn kleinere Schnitzer warfen diese Crew in Spa-Francorchamps früh aus dem Rennen.
Letztlich debütiert auch das Team Kolles nach dem soliden Einstand im vergangenen Jahr bei seinem ersten Sportwagenauftritt des Jahres. Das F1-Engagement der Mannschaft um Collin Kolles hat bislang keine Renneinsätze ermöglicht – die Erwartungen sollten daher bewusst niedrig gehalten werden. Mit Bakkerud / Jarvis / Albers hat nur ein Wagen zwei Le Mans-erfahrene Piloten an Bord, während das Auto von Bouchut / Tucker / Rodrigues ein reiner Kundeneinsatz zu sein scheint.