Le Mans-Vorschau 2018 - die GTE-Pro
17 GTE-Pro Autos – je 4 von Porsche und Ford, 3 von Ferrari und je 2 von Corvette, Aston-Martin und BMW – versprechen den in diesem Jahr härtesten 24h-Sprint den diese Klasse bislang an der Sarthe erlebt hat. Erstmals kämpfen wieder 6 Hersteller gegeneinander. Die Frage ist nur: ist die für Le Mans streckenspezifische BoP – die für ein Austarieren des Produktionssportwagenfeldes unerlässlich ist – in diesem Jahr so gleichmässig austariert wie bei der vergangenen Ausgabe 2017 und können die neuen Modelle von Aston Martin und BMW schon auf einem Niveau mit den etablierten Konstruktionen von Porsche, Ford, Corvette und Ferrari mithalten?
Sowohl in Spa-Francorchamps als auch beim Testtag schienen Ford und Porsche einen Vorteil zu haben, wobei Gerüchte um ein Sandbagging zumindest eines scheinbar unterlegenen Herstellers im Nachhinein die Runde machten. Auch kann noch nicht erwartet werden, das Aston Martin , die einen Wagen nach einem fulminanten Abflug bei Indianapolis beim Testtag als Totalschaden abschreiben mussten und BMW mit dem neuen M8 schon alle Feinheiten ihrer neuen Boliden im Griff haben.
Porsche kommt mit 4 Werkswagen (2 von Manthey ,2 von Core Autosport/Porsche NA) an die Sarthe deren Besatzungen auf höchstem Werksfahrerlevel zusammen gestellt worden sind. Die Trios Lietz/Bruni/Makowiecki („Rothmans“-Porsche), Christensen/Estre/Vanthoor („Sau-reloaded“), Pilet/Tandy/Bamber und Dumas/Bernhard/Müller (beide Core) sind durchweg für einen Klasssensieg gut. Porsche hat nach dem LMP1-Rückzug alle Weichen auf einen Sturmangriff auf den ersten Gesamtsieg in der GTE seit 2013 gestellt und möchte im Idealfalle einen Dreifachsieg erringen.
Das will allerdings auch Ford: Die Flundern aus den USA haben es Porsche quasi vorgemacht und bringen schon seit 2 Jahren sowohl die beiden Werkswagen aus der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft als auch die beiden amerikanischen Einsatzfahrzeuge an die Sarthe. Mit den ebenfalls bärenstarken Fahrertrios Mücke/Pla/Johnson, Priaulx/Ticknell/Kanaan, Hand/Müller/Bourdais und Briscoe/Westbrook/Dixon belegte man beim Testtag durchgängig die Ränge 3-6. Das unterstreicht die These das sowohl Ford als auch Porsche im Vorfeld auf Sandbagging-Attitüden verzichtet haben sollen. Ford findet sich in diesem Jahr am Ende eines 3-Jahresprogramms wieder und hat jede Menge Erfahrungen mit dem Boliden in den vergangenen 2 Jahren sammeln können. Daher ist es mehr als wahrscheinlich das man diese in ein 24-stündiges Feuerwerk am kommenden Wochenende umsetzen wird.
Ferrari bzw. AF Corse haben im Vorfeld ihr Kontingent auf 3 Werkswagen beim Klassiker aufgestockt. Mit den Trios Piergiudi/Calado/Serra, Rigon/Bird/Molina und dem zusätzlich eingesetzten #52 Wagen von Vilander/Giovanazzi/Derani und einem 2018´er Evo-Modell des bislang in der Klasse sieglosen 488 versucht man gegen Ford und Porsche gegen zu halten. Bislang waren die Ergebnisse sowohl in Spa-Francorchamps als auch beim Testtag eher unauffällig und so ist hier das Lamentieren über die BoP bei den „Roten“ aus Maranello am ausgeprägtesten. Allerdings ist das Evo-Paket, das mehr Downforce, weniger Luftwiderstand und mehr Zuverlässigkeit bringen sollte von der BoP anscheinend bereits berücksichtigt und zurechtgestutzt worden.
Corvette bringt in diesem Jahr das älteste Auto an die Sarthe. Die 2014 erstmals eingesetzte C7.R kommt bei ihrem fünften Auftritt als ausgereiftes Auto daher, das sich allerdings zunehmend schwer gegen die Konkurrenz tut. Mit Mike Rockenfeller/Garcia/Magnussen und Marcel Fässler/Gavin/Miller sitzen zumindest 2 deutschsprachge Top-Piloten aus dem ex-Audi-LMP1-Kader mit in den Cockpits, was den Wagen, deren Nachfolger noch nicht feststeht, auch die Symphatien der hiesigen Fans sichern dürfte.
Aston Martin hat sich mit einem riesigen Knall in diesem Jahr an der Sarthe eingeführt. Der war allerdings weithin vernehmbar und verbog die Fangzäune bei Indianapolis am Testtag um einen satten Meter als Marco Soerenson den neuen Vantage in entsprechender Höhe in die Sicherheitszäune abwickelte. Es spricht für die Stabilität der Sicherheitszelle das der Pilot den Crash ohne schwerwiegende Blessuren überlebte – anders als das Chassis das nach dem Zwischenfall ein Fall für den Container war. Aston-Martin hat ein neues Rennchassis aufbauen müssen – aber das ist nicht das einzige Problem der Briten, die mit dem Erarbeiten eines Setups für die Sarthe noch trotz ihrer langjährigen Erfahrung noch ganz am Anfang stehen und daher beim Testtag bis zu 5s hinter der Spitze zurücklagen. Beim erst zweiten Rennen des neuesten Chassis wird der Rennsieg noch nicht ernsthaft auf dem Programm stehen. Daran wird auch Nicki Thiim wenig ändern können, der sich auf dem neu aufgebauten Vantage zusammen mit Marco Soerensen und Darren Turner das Lenkrad teilt.
Schliesslich beschliesst Newcomer BMW mit 2 M8 GTE das Feld. Die Münchner haben mit ihren beiden von Tomczyk/Catsburg/Eng und Farfus/DaCosta/Sims pilotierten Boliden auch eher ernüchternde Ergebnisse erzielt, waren dabei allerdings nicht so unterlegen wie Aston Martin . Rang 8 am Le Mans Testtag war ein Lichtblick auf dem die MTEK-Truppe aufbauen wird. Auch hier hofft man auf Zugeständnisse bei den letzten BoP-Anpassungen.
Somit kämpfen in diesem Jahr 6 Hersteller um den Klassensieg in der GTE-Pro die in den vorangegangenen 7 Jahren seit Einführung der zweigeteilten GTE-Klasse die folgenden Sieger zu verzeichnen hatte:
2017: Aston-Martin; Tuner/Adam/Serra; 340 Rd. (schnellste Runde: 3:50.950)
2016: Ford-CGT-USA; Hand/Müller/Bourdais; 340 Rd. (3:51,840)
2015: Corvette-C7.R; Gavin/Millner/Taylor; 337 Rd. (3:54,823)
2014: AF Corse-F458; Bruni/Fisicella/Vilander; 339 Rd. (3:54,566)
2013: Porsche AG Team Manthey-991 RSR; Bergmeister/Bernhard/Pilet; 315 Rd. (3:55,453)
2012: AF Corse-F458; Bruni/Fisicella/Vilander; 336 Rd. (3:56,953)
2011: Corvette-C6-ZR1; Millner/Garcia/Beretta; 314 Rd. (4:00,553)