Erster Lauf der digitalen NLS
Mit gebührendem Abstand wollen wir noch einmal einen Blick zurück auf den ersten Lauf der digitalen Nürburgring-Langstreckenserie werfen. Der Sim-racing Event war von der Nürburgring Langstrecken Serie und der veranstaltenden VLN in Zusammenarbeit mit der von Sim-Racing Deutschland etablierten vVLN als Ersatz für den Corona-bedingt ausgefallene Saisonauftaktlauf innerhalb einer Woche organisiert worden. Trotz einem viel versprechenden Debüt mit 59 teilnehmenden Mannschaften und 137 teilnehmenden Piloten – darunter vielen aus der realen Langstreckenserie – blieb am Ende ein zwiespältiger Eindruck zurück und die Erkenntnis das zwischen den realen Rennen und Sim-Racing doch noch ein Unterschied besteht.
Zu den Rahmenbedingungen: Die 59 Teams die an der auf iRacing basierenden Simulation am Rennen teilnahmen teilten sich auf 22 Mannschaften in der virtuellen GT3-Klasse (mit Ferraris, Audis, AMG´s und BMW Z4), 9 Porsche Cup-Teams, 14 Cayman Cup-Fahrzeugen und 14 TCR-Wagen auf, wobei in der TCR-Klasse lediglich der Audi RS3 LMS als virtuelles Einsatzmodell zur Verfügung stand. 22 virtuelle Wagen kamen von real existierenden Ring-Mannschaften (u.a. Phoenix Racing, Walkenhorst Motorsport, Schubert Motorsport, Sorg Rennsport, GetSpeed Performance, Car-Collection, Adrenalin Motorsport, BMW Junior Team, T3 Motorsport, Raceunion, WS-Racing, Nett-Motorsport, sowie einigen anderen..), während 37 Wagen von Sim-Racer-Teams gestellt wurden. Unter den realen Racern fanden sich u.a. die Namen von Nicki Thiim, David Pittard, Mikkel Jensen, Martin Tomczyk, Jens Klingmann , Richard Westbrook, Mike Rockenfeller , Jörn Schmidt-Staade, Alex Autumn, Thorsten Kratz, sowie Jürgen und Achim Nett wieder. An hochkarätiger Besetzung herrschte somit kein Mangel.
Allerdings gaben am Ende dann hauptsächlich die Sim-Racer in allen Klassen den Ton beim Endergebnis an, während sich die professionellen Mannschaften durchweg geschlagen geben mussten. Dies mag auch dem Umsatnd geschuldet sein, das die im Sim-Racing talentierten Universalgenies beider Welten, von denen es in der professionellen Szene einige gibt, an diesem Lauf (noch nicht!) teilnahmen.
In der GT3-Klasse gewann das Ferrari Duo Jonas Wallmeier und Gianni Vecchio auf einem Ferrari F488 GT3 des Teams Redline Orange vor den Audi-Piloten Arana/Canapino des Mahle Racing Teams, die nach einem Fahrfehler ihre lange verteidigte Führung abgeben mussten. Das Team Redline - die international aufgestellte seit 20 jahren existierende Sim-Racing Mannschaft stammt aus England und hat unter anderem aktive Realpiloten wie Lando Norris, Kelvin van der Linde, Max Verstappen und Nicky Catsburg im aktuellen Lineup - stellte mit dem Ferrari von Eikemann/Schneider auch das drittplazierte Fahrzeug auf dem virtuellen Podium. Bestplaziertes Profi-Duo war in dieser Klasse am Ende das Schubert Motorsport AMG-Duo Fabio Besuch und Rene Penquitt auf Gesamtrang 4.
In der Porsche Cup2-Klasse dominierten das VRS Conda-Simsport Duo Jeremy Bouteloup/Mack Bakkum vor ihren Teamkollegen auf der #218 und der H2-Performance SRT-Mannschaft. Das Project GT-Eins-Duo Ziebell/Lippert schaffte es auf Klassenrang 4 ins Ziel. Den Klassensieg in der CUP3 Cayman-Klasse errang das CoRe Simracing Duo Jansson/Setsaas während in der TCR das aus dem gleichen Stall stammende Duo Marius Golombeck/Patrick Kubinji erfolgreich war.
Die Dominanz der Sim-Racer könnte man als Indiz dafür werten, das es sich trotz einer anerkannt hochklassigen Simulation – das Server-basierte iRacing gilt als eine der professionellsten Simulationen und wird auch von Profis bis hinauf zur Formel 1 zur Vorbereitung auf die Rennläufe genutzt – Sim-Racing und reales Rennen doch noch zu unterschiedliche Disziplinen sind. Rundenbestzeiten des Gros des GT3-Feldes von um die 7:40 – der „SRO-BoP“ der simulierten Fahrzeuge geschuldet und daher am Ring bislang noch nie erreicht - waren ein weiteres Indiz das die Realitätsnähe der Simulation noch Entwicklungspotential aufweist. Zum Beispiel fiel während der Liveübertragung des Streams auf, das die Wagen bei den virtuellen Inboards an vielen Stellen verhältnismässig ruhig lagen, während in reellen Inboards die Bodenwellen deutlicher zu vernehmen sind. Ob auch die Gripverhältnisse von Offroad-Exkursionen, Fahrten abseits der Ideallinie (Stichwort „Marbels“), Beschädigungen an den Heckflügeln und das berüchtigte Eifelwetter realitätsnah abgebildet werden und einen entsprechenden Einfluss auf die Fahrdynamik haben, wird sich wohl erst bei den nächsten Läufen feststellen lassen. An Details der Realitätsnähe - wie z.B. das die Wagen bei den Boxenstopps unbeschadet durch andere Teilnehmer hindurch fahren können - muss auf jeden Fall noch gearbeitet werden.
Für die nächsten geplanten Läufe der Digitalen NLS, die bei ihrer Premiere immerhin 80000 Zuschauer im Livestream für sich reklamierte, will die veranstaltende VLN nun professionelle Partner und Sponsoren organisieren. Von Seiten der Fans bleibt zu hoffen das die Beteiligung der Profis weiterhin hoch bleibt und zusätzliche reale Nordschleifen-Teams zu Trainingszwecken den Weg in diese Meisterschaft finden. Und ferner sollte auch weiter an einer reelleren Performance der Simulation gearbeitet werden, indem z.B die Rundenzeiten auf ein reelleres Niveau „geBoPt“ werden. Das würde beiden Seiten – der Sim-Racingszene und der reellen Motorsportszene am Ring – zu Gute kommen.