Interview mit VLN-Chef Karl Mauer
Im Rahmen der Essen Motorshow ergab sich für GT-Eins zum ersten mal die Möglichkeit eines Gesprächs mit VLN Langstreckenmeisterschafts-Geschäftsführer Karl Mauer. Mauer ist offiziell seit 2014 Generalbevollmächtigter der Langstreckenmeisterschaft und gilt als einer der Köpfe, die die Traditionsserie am Ring auch in unruhigen Zeiten besonnen durchs Fahrwasser steuern können. Mehr denn je war die Führung der Serie in diesem Jahr gefordert entsprechende Entscheidungen zu treffen, wobei der Focus unseres Gesprächs weniger im Rückblick auf die vergangene Saison sondern auf die Zukunft der Serie gerichtet war.
GT-Eins: "Herr Mauer, mit der „Cayman Trophy by Manthey“ kommt eine neue Cup-Klasse 2016 in das VLN-Seriengefüge. Ist die Einführung weiterer Cup-Klassen für 2016 ein Thema?"
Karl Mauer: „Nein, das wird bei den Cup-Klassen die einzige Neuerung bleiben, obwohl wir nichts dagegen hätten. Generell bringen diese Cup-Klassen uns zusätzliche Stabilität ins Teilnehmerfeld. Wenn man sich die durchschnittliche Teilnehmerzahl der VLN 2015 ansieht, dann hatten wir im Schnitt über die gesamte Saison gemittelt 25 Autos weniger am Start als im Vorjahr. Dafür gab es, wenn man die Saison Revue passieren lässt, sicherlich konkrete Gründe. Wenn man nun aber analysiert wo diese Autos und Teams weggefallen sind, dann kommt man zu der Erkenntnis das uns diese in den V- und SP-Klassen abhanden gekommen sind, während in den Cup-Klassen die Teilnehmerfelder stabil geblieben sind. Die Cup-Autos sind für die teilnehmenden Einsatzteams mittlerweile ein solides Geschäftsmodell geworden. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren gibt es immer weniger Teams und Piloten die sich ihre Autos selbst aufbauen, sondern zunehmend Paydriver, die über Trackdays grosser Teams an den Motorsport am Ring herangeführt werden. Für diese und ihre Einsatzteams ist ein Cup-Auto von der Stange natürlich zuverlässiger und billiger als ein selbst aufgebautes SP-Auto.
Natürlich muss man auch die Nachteile des Cup-Konzepts im Auge behalten. Normalerweise haben solche Autos nur eine garantierte Einsatzzeit von 3 Jahren, weil dann zumeist auch beim Hersteller ein Modellwechsel ansteht. Wenn der Cup dann zum Ende kommt, ist es natürlich gut wenn das entsprechende Modell von Anfang an in eine bestehende V- oder SP-Klasse passt, wie das TMG mit dem Toyota GT 86-Cup oder Manthey Racing mit dem potentiell SP10-kompatiblen Cayman gelöst haben. Schwieriger wird es bei Opel werden, die von der technischen Basis her in die SP4T-Klasse wechseln müssten, hier aber gegen die dort startenden Audi zu untermotorisiert sind. Ein ähnliches Problem sehe ich auf die BMW M235i zukommen, die in der SP8T-Klasse zur Zeit ohne Konkurrenz antreten müssten.“
GT-Eins: „Und wie steht es mit weiteren neuen Klassen – zum Beispiel einer Klasse für die TCR-Fahrzeuge?“
K.M.: „Das wäre in der Tat eine neue Klasse, die wir am liebsten schon in diesem Jahr einführen würden, da es hier schon konkrete Interessenten gibt. Aus lizenzrechtlichen Gründen ist das aber im Augenblick ein heikles Thema, das etwas Fingerspitzengefühl und Geduld erfordert. Der deutsche Inhaber der Lizenzrechte, Franz Engstler, hat mit dem ADAC die Einrichtung einer TCR-Serie im Rahmen des ADAC-Pakets ausgemacht. Man ist dort bemüht ein entsprechendes Starterfeld zusammen zu bekommen, um eine garantierte Mindeststarterzahl stellen zu können. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Autos ist im Moment noch sehr begrenzt, daher würde eine zusätzlich deutsche Einsatzserie hier dem Aufbau der Serie, die derzeit mit Vorrang beschickt wird derzeit vielleicht Probleme bereiten. Im Endeffekt werden die Kunden bestimmen wo sie mit den Autos fahren möchten und da gibt es wie gesagt auch schon Interessenten für die VLN Langstreckenmeisterschaft. Wir sind mit Engstler in enger konstruktiver Kommunikation was dieses Thema angeht. Immerhin gibt es für die Teams in der kommenden Saison schon die erste Alternative die Autos in der SP3T-Klasse einzusetzen.“
GT-Eins: „Einzelne Serien die ähnlich wie die VLN Langstreckenmeisterschaft unter zunehmenden Kostendruck der Teilnehmer leiden, haben im kommenden Jahr die Option gezogen den Kalender einfach um einen Lauf zu verkürzen, so das ADAC GT-Masters oder die Blancpain Sprint Serie. Die VLN Langstreckenmeisterschaft hingegen hat auch für 2016 einen 10 Rennen umfassenden Kalender vorgestellt.“
K.M.: „Wir hatten diese Option auch in Erwägung gezogen. Wenn man unsere Teams fragt, dann sagen die meisten durch die Bank weg das sie am liebsten ihre Autos an jedem Wochenende am Ring einsetzen möchten – 10 VLN Langstreckenmeisterschafts-Rennen zusätzlich Rundstrecken Challenge Nürburgring oder die 24 Stunden-Serie und am besten noch 10 Trackdays hinzu. Realistisch betrachtet ist durch das zusätzliche Qualifikationsrenenn für die 24h die Terminnot am Ring noch grösser geworden. Unser Vertrag mit der Betreibergesellschaft CNG sieht daher vor für die kommenden Jahre optional auch weniger als 10 Läufe am Nürburgring im Rahmen unserer Serie auszuführen. 9-8 Rennen wären lockerer, besser finanzierbar und auch besser in die Witterungsgegebenheiten am Ring einzupassen. Die Zahl 10 ist mal entstanden weil es 10 Gesellschafter innerhalb der VLN Langstreckenmeisterschaft gibt. Aber auch da gab es schon Überlegungen das einzelne Gesellschafter für bestimmte Rennen zusammen spannen oder diese alternierend ausführen könnten. Die Zahl 10 ist somit kein Dogma mehr.“
GT-Eins: „Vor Jahren gab es mal die Überlegung ein Rennen vielleicht als ein 12h-Rennen auszuführen. Wäre das vielleicht eine Lösung? Weniger und dafür längere Rennen?“
K.M.: „Nein. Das ist aus Kostengründen nicht weiter verfolgt worden und auch aktuell kein Thema mehr.“
GT-Eins: „Haben sie schon einmal daran gedacht das Reglement der VLN Langstreckenmeisterschaft lizensiert an andere Serienbetreiber anzubieten, um ein entsprechendes internationales Netzwerk aufzubauen? SRO und ACO haben dies mit ihren Reglements ja erfolgreich praktiziert."
K.M.: „Das Reglement stammt ja nur in Teilen von uns. Das SP-Reglement haben wir zum Beispiel vom ADAC Nordrhein übernommen. Lediglich das Reglement der V-Klassen ist von uns erstellt worden. Dieses wird auch schon von der Rundstrecken Challenge Nürburgring genutzt. Bei der SP9 und 10 lehnen wir uns zudem an die entsprechenden SRO-Reglements an. Generell muss man sagen das das Reglement schon sehr stark auf die Gegebenheiten an der Nordschleife zugeschnitten ist.“
GT-Eins: „Es gab in den letzten Jahren auch schon Gerüchte das in den USA eine - sagen wir mal – Strecke mit Nordschleifencharakter (andere Quellen sprechen von einer 1:1-Kopie der Nordschleife) gebaut wird. Wäre ein lizensiertes Reglement für solch eine zweite „Targa-Strecke“ nicht eine Option?"
K.M.: „Ich halte es derzeit für ausgeschlossen das so etwas wie die Nordschleife in Zukunft noch einmal gebaut wird. In Europa sowieso und auch weltweit. Abgesehen von den Kosten werden die Hürden bei den Genehmigungen derzeit immer höher. Das ist ein Fakt den man mal realistisch betrachten muss."
GT-Eins: Wenn man die Vorgänge um den Ring ab 2009 betrachtet, mit all den kostenintensiven Neubauten, wie sehen sie die Bilanz dieser Investitionen? Ist damals mit den 500 Millionen die verbaut wurden nicht eine riesige Chance vertan worden die Nordschleife selber zukunftstauglich zu machen?
K.M.: „In der Tat hätte man mit einem Bruchteil dieser Summe die gesamte 22km lange Strecke perfekt ausstatten können, was zum Beispiel die Streckenüberwachung, die Elektrifizierung, und die Kommunikation der Posten und der Rennleitung angeht. Wir wären von der Sicherheitsüberwachung und der Signalgebung her auf einem ganz anderen Level, wenn alleine die gesamte Strecke Glasfaser-verkabelt wäre . Im Augenblick erfolgt die Überwachung der Rennen ohne diese ganzen an anderen Strecken zum Alltag gehörenden Hilfsmittel. Mit dem Peter Bröcher hat die VLN Langstreckenmeisterschaft einen der ganz wenigen Leute im Stab die heute noch ein Rennen auf der Nordschleife kompetent leiten können. Wenn er eine Funkmeldung von einem Streckenposten auf der Nordschleife über einen Unfall bekommt, muss er sofort im Kopf haben wo dort die Sicherheitszonen einzurichten sind, wo die Streckenposten und die Bergungsfahrzeuge und Intervention-Cars stehen und ob letztere überhaupt verfügbar sind. Elektronische Hilfsmittel haben wir da nur wenige. Die CNG überlegt nun als technische Aufrüstung ein LTE-basiertes Netz für Streckensicherungskameras und Streckenposten aufzubauen. Hier ist zwar die Finanzierung noch offen, aber es wäre zumindest ein erster machbarer Zwischenschritt in die richtige Richtung.“