2015 - alles im Lot für die kommende Saison?
Die Sportwagensaison 2015 steht nun vor den Toren: Gemäß eines alten Brauchs an diesem Tage wird das vergangene Jahr abgehakt und ein Blick voraus gewagt. An den Rahmenbedingungen hat sich gegenüber Jahresrückblick und Vorausschau des vergangenen Jahres scheinbar wenig geändert: Die altbekannten Serien prosperieren, die neugegründeten Events wachsen und alles scheint für die Anhänger unseres Sports in bester Ordnung zu sein – wirklich alles? Wenn man die Antennen ausfährt und auf das Rauschen im Hintergrund achtet, so zeigen sich doch die ein oder anderen Signale, die auf kommende Umbrüche hinweisen. Wagen wir mal einen Blick:
Die ACO-Szene hat auf den ersten Blick ihr Geschäft mit der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft und der Europäischen Le Mans Serie gut im Griff. Die WM zieht weitere Hersteller an: Auf Nissan's LMP1-Enthüllung wartet man dank geschickt plazierter Marketing-Gerüchte schon ganz gespannt und Ford's Bekanntmachung des GTE-Einstiegs steht unmittelbar bevor. Was hier Sorgen bereitet, ist die Fluktuation der Privatteams aufgrund der gestiegenen Kosten der WM. 8 Runden mit 4 Überseerennen in einer komprimierten 2. Saisonhälfte nach den 24h von Le Mans: Das bedeutet für die Teams, dass man mit einem Saisonbudget von 3-4 Mio€ pro GTE-Am bzw. LMP2 kalkulieren muss. Teilnahmewillige Privatiers müssen als Mitgift mindestens die Hälfte davon tragen, da sonst kein schneller dritter Pilot engagiert werden kann. Sponsoren, die für solche Summen ein entsprechendes ROI (Return Of Investment) erwarten, gibt es angesichts des zwar wachsenden, aber immer noch bescheidenen Bekanntheitsgrades der WM in der öffentlichen Wahrnehmung, so gut wie gar nicht. Die Auswahl an geeigneten Gentlemanpiloten, die sowohl dieses Geld als auch die nötige Freizeit für ein entsprechendes Engagement haben, ist naturgemäß auch dünn gesät.
Etwas besser sieht es da in der ELMS aus, wo lediglich 6 Events (incl. Le Mans) und nur eine europaweite Meisterschaft auf die Piloten warten und man mit der Hälfte dieser Summen kalkuliert. Auch wenn wahrscheinlich nicht alle der über 30 angedachten LMP2 und LMP3-Cockpits vollständig besetzt werden können – zusätzliche Teilnahmeabsichten von GTE und GT3-Teams lassen ein Feld erwarten, das von der Grösse wieder an alte Glanzzeiten anknüpfen könnte - darf man sich hier auf eine weitere hochinteressante Saison freuen, die im vergangenen Jahr nach übereinstimmenden Äusserungen in unsrem fachkundigen Forum den besten Sport bot, den man in der Szene erleben konnte. Einziger Kritikpunkt: die Rennen sind mit nur 4h etwas zu kurz.
Mehr Malaissen hatte der ACO mit seinen beiden anderen transkontinentalen Ablegern. Die schon immer etwas eigene nordamerikanische Serie startete im Jahr 1 nach der ALMS-Ära als Tudor-USCC-Serie mit fast 70 Autos in Daytona (Foto) – und schaffte es, alleine während der Saison an die 20 teilnehmende Teams zu vergraulen, die im laufenden Betrieb ihren Rückzug bekannt gaben. Man sollte sich nicht wundern, wenn nach den beiden immer stark besetzten Klassikern in Daytona und Sebring das Feld der Permanentstarter auf unter 40 Autos zusammenschnurrt. Mit ihren Managementfehlern – falsch zugeteilte Kontingentierungen, unberechtigt ausgesprochenen Sportstrafen und Rennen einzelner Fahrzeugklassen im Rahmen von Klubevents - sorgt die nun unter Nascar-Einfluss geratene IMSA
für ein Erstarken der Konkurrenz, die sich in Form der WC-Vision gemanagten Pirelli World Challenge präsentiert und an die 50 GT pro Rennen aufbringen kann.
Die zweite Baustelle hat der ACO in Asien nun brachliegen, wo ein bestenfalls „Kompetenzbefreit“ zu titulierendes Management die Asiatische Le Mans Serie dermassen an die Wand gefahren hat, dass man sich auf dem bemitleidenswerten Stand der ELMS von 2012 befindet. Hier hat der ACO nun das Heft selbst in die Hand genommen und will die durch Fehlentscheidungen zerstörte Teambasis wieder selbst aufbauen - zum 5. Male übrigens. Wir wünschen gutes Gelingen!
Außerhalb des ACO-organisierten Sports bietet die GT3-Szene weltweit den Teams reichlich Einsatzmöglichkeiten. Die deutschsprachigen Teams bevorzugen auch weiterhin dieses Betätigungsfeld, da der ACO abseits der Werksengagements immer noch ein Buch mit 7 Siegeln für die deutschen Privatteams ist. In der Blancpain GT-Serie kämpften in diesem Jahr Mannschaften wie HTP-Motorsport, Black Falcon, Phoenix Racing und das Grasser Racing Team herzhaft um Klassen- und Gesamtsiege bei den Sprint- und Langstreckenevents. Doch auch hier hat man es mit einem französischen Veranstalter zu tun, der auch mal unpopuläre Entscheidungen trifft – wie zum Beispiel das klassische Nürburgring 1000km-Format auf eine Teststrecke an die Mittelmeerküste zu verlegen.
Doch das ist nicht die eigentliche Bedrohung der Szene. Die wartet eher in Form der nach einem abgelaufenen 1-jährigen Entwicklungsmoratorium bei den GT3 auftauchenden teuren Neukonstruktionen und Updates auf, die in der kommenden Saison die Kostenspirale weiter nach oben drehen werden. Hatte man einst eine Costcap von etwa 400.000€ propagiert, so setzt zum Beispiel Bentley mit dem fast doppelt so teueren Continental GT3 hier ein Fanal, das so konsequent weitergedacht der GT3-Szene in 4-5 Jahren jene Krise bescheren könnte, die Schwarzseher ihr schon seit einiger Zeit einzureden versuchen. Denn es ist dieses Limit von etwa 1-1,5 Mio DM (umgerechnet auf unsere alte Stammwährung), das in den letzen Jahren noch jede national motivierte Fahrzeugklasse ins Aus manövriert hat, die diese Grenze unbeschwert hinter sich gelassen hat - seien es die SR1/LMP900, die GT1 oder die GTE, die sich nun als nächste diesem Limit nähern. Oberhalb dieser Summe wird die Luft für eine breite Basis an einsatzwilligen Teams und Geldgebern dünn – weil unterhalb davon genügend Alternativen existieren.
Das gilt umso mehr für die nationale Szene, wo die Schwemme an gebrauchten GT3 zu günstigen 2nd-Hand-Preisen die lauernde Gefahr überdeckt. Allein in Deutschland, das wirtschaftlich noch eine Insel der Glückseligen in der Finanzierbarkeit des Sports darstellt, ist der GT3-Boom noch ungebrochen. Das ADAC GT-Masters wird uns auch 2015 mit einem gut besetzten Championnat beeindrucken und selbst die für GT3-Teams noch teurere VLN Langstreckenmeisterschaft („ ... kalkuliere mal mit 2 Totalschäden während der Saison ...“ gab uns ein namhafter Teamchef Anfang des Jahres preis) dürfte über die Saison ein stark besetztes GT-Feld beim Kampf um den Gesamtsieg erleben.
Doch in den umliegenden Ländern sind schon Anzeichen der Kostenkrise zu entdecken. In Belgien, Frankreich, Italien und Spanien gehen in den nationalen Serie die GT3 Engagements deutlich zurück. Prosperierend sind nur die Serien die auch preiswertere Alternativen anbieten – so kann die Dutch Supercar Challenge sich mit ihren zusätzlichen Tourenwagen und Prototypenklassen kaum vor Nennungen retten. Und auch die privat organisierte VdeV-Serie läuft deutlich besser als die nationale SRO-betriebene Konkurrenz der GT Tour. Das beste Beispiel bietet die 24 Stunden-Serie: Hier arbeitet eine klug agierende Organisation an einem Konzept das sowohl GT-Autos als auch
Cup-
und Tourenwagen zu einem interessanten, durchaus für die Teams finanzierbaren Konzept zusammen stellt. 2015 ist das erste Jahr, in dem das von der Creventic propagierte
24h-Serien-Konzept sich als bei der FIA registrierte Meisterschaft bewähren muss. Wir werden dies mit Interesse verfolgen!
Wie man sieht, wird die GT und Prototypenszene uns auch in der kommenden Saison – der 16.ten die unser Projekt im Web begleitet und kommentiert – in Trab halten. Hoffen wir, dass reichlich Unterhaltung garantiert ist und alle Beteiligten das Jahr gut, gesund und mit vielen Erfolgen überstehen. In diesem Sinn wünschen alle an GT-Eins Beteiligten und Beitragenden euch einen guten Rutsch ein frohes neues 2015 und eine spannende Saison!