Electric GT-Plattform vor dem Start
Im Rahmen der letzten virtuellen Sitzung des FIA-Welt-Motorsportrates wurde das bereits im Frühjahr diesen Jahres beschlossene technische Konzept einer elektrisch basierten GT-Rennserie (wir berichteten), das eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe erarbeitet hatte, von der FIA abgesegnet. Unsere Kollegen von Sportscar 365 haben nun nähere Details zu dem Konzept der Serie veröffentlicht, das auf lange Sicht hin parallel zur GT3-Klasse dem GT-Sport eine neue Perspektive öffnen soll und als Marketing-Plattform für Hersteller und Schaubühne für den Technologieumbruch hin zu CO2-ärmeren Mobilitätsformen für neue Performance-Fahrzeuge dienen soll.
Demnach soll ab 2023 eine Sprintserie ausgeschrieben werden, in der zunächst mindestens 2 Hersteller mindestens 7 Teams mit jeweils 2 Wagen ausrüsten sollen. Die Zahl der Hersteller soll nach 2 Jahren auf mindestens 4 steigen. Bei den Rennen soll ein Sprintformat mit 40 minütigen Rennen zum Einsatz kommen, die durch einen 3-4-minütigen Schnellladestop zu Rennmitte unterbrochen werden, bei dem mittels eines Expressladeequipments 60% der Batteriekapazität wieder aufgefrischt werden sollen. Die Leistung der Wagen soll dabei mindestens auf GT3-Niveau liegen, was Tempo und Beschleunigung angeht.
Die Saison soll aus mindestens 6 Events auf 2 Kontinenten (Europa & Asien oder Amerika?) bestehen und ab dem dritten Jahr der Meisterschafts auf 8 Events auf 3 Kontinenten erweitert werden. Bezüglich der Renntechnologie will man wohl so viele Elemente wie möglich an die bestehende GT3-Plattform anlehnen; dies könnte zum Beispiel die Aspekte Seriennähe, Homologationszyklen, Rennformat, BoP, etc. umfassen.
Die FIA hat nun als nächsten Schritt die Auswahl eines geeigneten Promotors beschlossen, der nach einem Bewerbungsverfahren Anfang des kommenden Jahres für die nächsten 5 Jahre bestimmt werden soll.
Bei den Herstellern zeichnet sich im Hintergrund ein starkes Engagement des VAG-Konzerns für die neue Fahrzeugplattform ab. Porsches Taycan und Audis eTron GT werden von unterschiedlichen Seiten als die beiden heissesten Kandidaten für die ersten beiden homologierten Konstruktionen der geplanten Serie genannt. Der GT3-Ausstieg von Bentley wurde zudem durch Hintergrundinfos begleitet, das die britische Marke sich in Zukunft wenn überhaupt dann nur noch mit elektrifizierten Sportoptionen befassen würde, was neben einem LMDh- oder Extreme-E Engagement auch ein Engagement auf der neuen Plattform mit einschliessen würde.
In Zukunft könnte auch ein Einstieg von E-Mobilitäts-Platzhirsch Tesla im Raum stehen. Für den amerikanischen Hersteller würde das geplante neue Roadster-Modell und der in diesem Zusammenhang entwickelte, bis zu 1200PS starke "Plaid"-Antriebsstrang spechen. Gegen Tesla spricht die fehlende Motorsport-Kompetenz die aber am freien Markt unter zahlreichen Einsatz- und Entwicklungsteams angesichts vieler in naher Zukunft auslaufender Entwicklungsprojekte für Verbrennerautos sicherlich mit etwas gutem Willen und ebenso gutem Budget zu finden sein dürfte. Schliesslich könnten auch aus dem asiatischen Raum interessierte Hersteller schnell Gefallen an der neuen Plattform finden. Mit Nio, BYD, Saic, Xpeng, Hyundai und Li-Auto befinden sich derzeit schon 6 asiatische Marken unter den 15 weltweit wertvollsten börsennotierten Autokonzernen, deren Portfolio hauptsächlich oder zu einem grossen, bzw. rapide wachsendem Anteil auf elektrisch angetriebenen Fahrzeugen beruht und die angesichts ihrer noch beschränkten Marktpräsenz und -Bekanntheit sicher einen hohen Bedarf an einer effektiven Marketing-Plattform für ihre Top-Produkte haben könnten.