Zurück auf Los!
Die gestrigen Bekanntgaben sowohl der deutschen als auch der belgischen Regierungen in Bezug auf die Dauer weiterer COVID19-Eindämmungsmassnahmen lassen jetzt schon weitere Einflüsse auf die Kalender der immer noch nicht gestarteten europäischen Rennsaison erahnen. Die deutsche Regierung hatte gestern in einer offiziellen Pressekonferenz öffentlicher Gross- und Sportveranstaltungen bis zum 31.8 mit einem generellen Verbot belegt. Zwar gibt es noch keine Stellungnahmen der deutschen Verbände – diese dürfte jedoch in Kürze folgen. Ein kurzer Blick in die bislang veröffentlichten Kalender zeigt das hier weitere Terminverwerfungen und sogar mögliche Saisonkürzungen anstehen werden. So ziemlich alle Serien dürften die Saisonplanungen und Terminverhandlungen mit den Strecken nun von vorne beginnen dürfen.
Nürburgring Langstrecken Serie: Im schon auf 8 Events gekürzten Kalender der Nordschleifenlangstreckenserie sind 5 der 8 Termine betroffen. Das als fünftes Rennen geplante ROWE 6h-Ruhrpokalrennen am 29.8 liegt knapp innerhalb des nun angekündigten Eventbanns. Angesichts einer nun in Aussicht stehenden Restsaison von lediglich 3 Monaten (der noch gar nicht belegte September mit dem 24 Stunden Rennen am Nürburgring bis zum hoffentlich schneefreien November) wird selbst bei „Doppelrennen“ mit Läufen am Samstag und Sonntag oder gar verlängerten Rennen mit doppelter Punktezahl (8 statt 4h) die geplante Anzahl von 8 Läufen kaum noch zu halten sein. Weitere Kürzungen der Saison sind hier im Rahmen der aktuellen Eskalationsstufe zu erwarten. Die Nürburgring Langstrecken Serie ist besonders vom Veranstaltungsverbot betroffen, da alleine von der Teilnehmeranzahl im optimistischst kalkulerten Falle mindestens 1000 Personen pro Lauf auf dem Boxengassengelände zusammen kommen (150 Autos, pro Auto eine reduzierte Crew von 3 Piloten, mindestens 2 Mechaniker und ein Teamchef/Chefmechaniker) was die Klassierung der Veranstaltung als Geisterrennen oder Clubsportveranstaltung quasi ausschliesst.
24 Stunden Rennen am Nürburgring: liegt mit dem neuen Termin am 24-27.9 zwar ausserhalb des neuen Verbotszeitraums, allerdings schwebt ein ausstehendes Seuchenhygiene- und -Eindämmungskonzept seitens des veranstaltenden ADAC Nordrhein latent als Damoklesschwert über der Veranstaltung. Für die international besetzte 24h-Veranstaltung kommen zwar in etwa so viele Wagen wie bei einem NLS-Lauf zusammen, allerdings verdoppelt sich grob die Mindestanzahl der Personen pro Auto (3-4 Piloten, 4-6 Mechaniker, ein Teamchef/Chefmechaniker = 8-10 Personen – wobei die Frage ist ob sich Werksteams mit professionellen Siegambitionen mit dieser geringen Mechanikeranzahl einem solch anspruchsvollen Wettbewerb ernsthaft stellen würden). Zudem beim 24h-Rennen sich rein statistisch 4 Teams und somit 40 Personen eine Box teilen. Dann noch eventuell bestehende Reisbeschränkungen würden die Veranstaltung vor zusätzliche Schwierigkeiten stellen.
ADAC GT-Masters: Im erst letzte Woche bekannt gegebenen aktuellen GT-Masters-Kalender haben sich somit die 3 ersten August-Runden in Most/Eurospeedway Lausitzring, am Nürburgring und in Zandvoort erledigt. Hier wird die Zahl von 7 geplanten Rennwochenenden kaum noch zu halten sein. Zudem man im Oktober zusätzlich nach Österreich (Einreisebeschränkungen?) an den Red Bull Ring wollte. Nach der obigen , schon sehr optimistischen VLN-Beispielsrechung kommen so zwar bei limitiertem Boxenbesatz nur 200 Leute (3*66) in der Boxengasse zusammen – doch das macht alleine im Paddock bei 5 Serien im ADAC-Paket (Masters, GT4, Carrera Cup, TCR, Formel 4 & Orga) gut über 1000 Personen aus – und das bei einem wie hier angenommen fast auf Ineffizienz reduziertem Personalstab.
DTM-Paket: Mal ganz abgesehen davon, das der in Sachen Tourenwagensport zugegebenermassen kompetenzbefreite Autor dieser Zeilen seine Zweifel hat, das sich ein aktuelles DTM-Auto mit nur 2-3 Mechanikern für einen Renneinsatz in Gang setzen lässt, bringen die Termineinschränkungen auch die dieses Jahr neu im Paket geplanten GT-Serien der GTC-Serie und der neuen DTM-Trophy in Bedrängnis. Das just veröffentlichte Kalenderupdate der Serie verliert zumindest die beiden Termine am Norisring und im belgischen Zolder (9.8), da die belgische Regierung ebenfalls Sportveranstaltungen bis Ende August ausgesetzt hat. Die geplanten Events in Igora (RUS)/Anderstorp (S), sowie Brands Hatch sind zwar noch offen, dürften aber bald von ähnlichen Regelungen betroffen sein. Mit Ausnahme Brands Hatch wäre bei allen diesen Rennen die DTM-Trophy am Start gewesen. Im noch nicht endgültig fixierten DMV-Kalender fällt zumindest die Norisring-Runde aus, womit die Saison jetzt frühestens Mitte September am Nürburgring beginnt.
Die Auswirkungen auf weitere Serien im Deutschen Motorsport (Audi Sport Seyffarth Cup, Rundstrecken Challenge Nürburgring, DMV NES 500-Serie) die zum Teil ihre Corona-Updates noch nicht veröffentlicht hatten lassen wir hier aussen vor. Gerade für die kleineren Serien – auch in Österreich, der Schweiz und Luxemburg (Sports Car Challenge, P9 Challenge) - wird es schwer werden noch freie Termine auf den grossen, namhaften Rennkursen zu finden, wenn sich schon die Premiumserien um die freien Plätze gegen Ende der Saison balgen werden. Dies könnte zumindest den kleinen Clubkursen in Deutschland und Umgebung (Racepark Meppen, Driving Center Gross-Dölln, Anneau du Rhin), in die Karten spielen, die sich trotz vorhandener Einschränkungen bei der Infrastruktur hier in der Krise als Alternative anbieten könnten. Sollte das Veranstaltungsverbot über den 31.8 heraus verlängert werden dann droht der deutschen Motorsportszene allerdings ein Totalschaden was die Saison 2020 angeht. Dann stünde endgültig das zweite Szenario unserer vor gut 2 Wochen veröffentlichten Corona-Folgenabschätzung an. Seitens der Motorsport-Community bleibt bis Mitte August daher nichts anderes übrig als auf Fortschritte bei der Bekämpfung der Seuche zu hoffen.