Prototype Cup Germany kommt 2022

10Q RenderAm gestrigen Tage haben der ADAC und die niederländische Creventic-Organisation die Einrichtung des Prototype Cup Germany angekündigt. In der 2022 erst mal nur 4 Veranstaltungen umfassenden Serie sollen LMP3-Teams mit Rennwagen nach dem ACO-Reglement die Kernrolle spielen. Damit soll der aufkeimenden LMP3-Szene in Deutschland eine offizielle Bühne bereitet werden, wobei auch andere Prototypenkonstruktionen zumindest in den Planungen zur Auftaktsaison eine Rolle spielen sollen.

Beim Rennformat orientiert sich die neue Serie am ADAC-GT-Masters, in deren Rahmen auch 2 der 4 Rennwochenenden stattfinden sollen. Die bereits seit einigen Monaten kursierenden Pläne zur Schaffung der ersten offiziellen deutschen Prototypenserie seit der DRM-Phase 1982-85 und der darauf folgenden Interserie sind damit nun offiziell publik gemacht worden.

wochenspiegel portZuerst zu den offiziell verkündeten Fakten: Der ADAC hat sich langfristig die Exklusivrechte an der LMP3-Klasse für Deutschland vom Rechtehalter ACO gesichert. Insgesamt 4 Veranstaltungen in Belgien und in Deutschland sind in der Premierensaison geplant.

Dr. Gerd Ennser, ADAC Sportpräsident: „Das Interesse an Le Mans Prototypen wächst seit Jahren beständig, bei Fahrern, Teams und bei den Herstellern. Daher haben wir uns exklusiv die Rechte an der LMP3-Klasse gesichert, um die Le Mans Prototypen in Deutschland gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Creventic zu etablieren. Mit dem Prototype Cup Germany bieten wir Fahrern eine spannende Perspektive und Teams ein interessantes Betätigungsfeld, unter anderem auf der attraktiven und medial starken Plattform der Deutschen GT-Meisterschaft.“

Pierre Fillon, Präsident des Automobile Club de l’Ouest (ACO) wird wie folgt zitiert: „Endurance umfasst mehrere Klassen, unter denen die LMP3-Klasse einen besonderen Platz einnimmt. Durch ihren Erfolg in der Europäischen Le Mans Serie, der Asiatischen Le Mans Serie, dem Michelin Le Mans Cup sowie in der IMSA-WeatherTech SportsCar Championship ist die Klasse ein attraktives Angebot für ausländische Veranstalter. Wir freuen uns über die Lizenzvereinbarung mit dem ADAC, denn dadurch werden sich langfristig viele deutsche Teams und Fahrern im Prototypensport engagieren.“ Der Prototype Cup Germany ist wie schon die national existierenden Serien in Frankreich und Grossbritannien eine nationale Ergänzung für den europaweit ausgetragenen Michelin Le Mans Cup in dem allerdings statt der CN auch GT3-Fahrzeuge startberechtigt sind. Terminüberschneidungen zwischen den beiden Serien werden vermieden.

Neben den LMP3-Prototypen sind im Prototype Cup Germany im kommenden Jahr auch CN-Sportwagen und vergleichbare Konstruktionen erlaubt, wobei die nominell schnelleren und preiswerteren CN gegenüber den LMP3 verlangsamt werden. Pro Veranstaltung sind 2 rund einstündige Rennen mit Fahrerwechsel wie auch im ADAC GT-Masters und der ADAC GT4 Germany geplant, was ein deutlich kürzeres Format wie die internationalen LMP3-Serien bedeutet, bei denen ein Pilot in der Regel mindestens einstündige Stints absolviert.

mlmc lap1 spaDer Auftakt findet vom 22. bis 24. April im Rahmen der 12h von Spa Francorchamps der 24 Stunden-Serie statt. Das zweite Meeting wird vom 15. bis 17. Juli im Rahmen des ADAC Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring ausgetragen. Beim dritten Rennwochenende sind die Sportwagen im Rahmen der Deutschen GT-Meisterschaft beim Family & Friends Festival auf dem Eurospeedway Lausitzring vom 19. bis 21. August unterwegs. Das Finale findet ebenfalls im ADAC-Rahmen vom 21. bis 23. Oktober in Hockenheim statt.

Abseits der offiziellen Presseverlautbarungen bietet die neue Serie einen interessanten Einblick in die aktuellen Verhältnisse im Prototypensport: Bereits im September hatte die Creventic Organisation einen neuen Anlauf in diese Richtung verkündet. Bereits von 2017-2018 hatte man einen ersten Anlauf versucht der allerdings mangels kostendeckender Starterzahlen schnell in der Versenkung verschwand. Nun wagt man einen 2. Anlauf – und hat sich dafür 3 starke Partner ins Boot geholt. Erstens den ADAC der parallel wohl schon ebenfalls an einem Konzept für die Einbindung der als kostengünstige GT3-Alternative bekannten LMP3 arbeitete, zweitens den ACO um dessen lizenzrechtliche Belange sich der deutsche Verband weitaus besser als die niederländische Privatorganisation kümmern konnte und drittens Michelin, die für die Teilnehmer ein essentieller Bestandteil eines logischen Veranstalterpakets mit Aufstiegschancen darstellen.

13hdubaistartWie sich einige Leser dieser Seiten erinnern werden, hatte die Creventic Organisation schon einmal im Alleingang einen Versuchsballon in Richtung Prototypenszene gestartet. Das kostenaufwendige Langstreckenformat das man seinerzeit mit der 24h Proto Series anstrebte, sorgte jedoch in Zusammenspiel mit den in der Prototypenszene alles andere als geläufigen Hankook-Reifen als Exklusivausrüster dafür, das sich der erkenntnis-mässige Nährwert der Serie für die Michelin-gewohnten LMP3-Einsatzteams genau so in Grenzen hielt wie die Resonanz auf die neue Serie, die nach wenigen Events mit überwiegend einstelligen Starterzahlen letztendlich eingestellt wurde. Das man damals den ACO nicht frühzeitig einband sondern im Gegenteil mit einer vollmundigen Ankündigung im Vorfeld der ELMS-Runde in Spa-Francorchamps brüskierte, war ein weiterer wackliger Baustein der die Planungen im Endeffekt frühzeitig zum Einsturz brachte.

rinaldi lmp3s portDer neue Ansatz, den man jetzt fährt, vermeidet nun diese Fehler. Zum einen wird sich die Serie mit Deutschland auf einen bislang kaum beackerten nationalen Wachstumsmarkt ausrichten und nicht versuchen in Konkurrenz zu bestehenden Serien im frankophonen, angelsächsischen oder mediterranen Bereich zu treten. Mit der vollzogenen Kooperation mit dem ADAC spannen sogar 2 starke Partner zusammen die beide den Prototypensport fördern wollen und in Deutschland auf einen wachsenden Markt treffen. Mit der frühzeitigen Festlegung auf Michelin als Reifenlieferant können die Teams sogar die in den Rennen gewonnenen Erkenntnisse 1:1 auf weitere Einsatzserien wie der Ultimate Series, dem Michelin Le Mans Cup oder der ELMS übertragen.

wochenspiegel portDie Anzahl speziell der deutschen LMP3-Teams (oder der Teams mit deutschsprachigen Hintergrund) ist in der letzten Saison förmlich explodiert. So sind in diversen Meisterschaften die Mannschaften von Inter-Europol Competition, Mühlner Motorsport, Phoenix Racing, Black Falcon, Rinaldi Racing, dem Frikadelli Racing Team, Konrad Motorsport und dem Wochenspiegel Team Monschau engagiert. Daneben existieren weitere Mannschaften wie WS-Motorsport die ebenfalls LMP3-Einsatzgeräte in ihrem Fuhrpark besitzen. Zumindest diesen beiden letztgenannten Mannschaften wird schon ein konkretes interessae an der neuen Serie nachgesagt. Aus dem deutschsprachigen Umland kommen zusätzlich die Teams von Wimmer Werk Motorsport (A), DKR Engineering und Racing Experience (beide LUX) hinzu. Zählt man nun noch die wachsende Anzahl von Trackday-Wagen für Sportwagen-Privatiers hinzu und zusätzlich auch die potentielle Anzahl an Startern aus der BeNeLux-Region (hier rekrutiert sich nach ihrem Ende in der Belcar-serie auch das Gros der CN-Starter) dann zeigt sich hier ein deutliches Potential für eine eigene Sportprototypenserie.

dschock1 winnerEventuell schwachen Starterzahlen zu Beginn der Auftaktsaison versucht man im ersten Jahr mit der Einbindung von vornehmlich aus der Belcar und der Dutch Supercar Challenge stammenden Einsatzteams mit CN-Fahrzeugen zu begegnen. Die offenen und deutlich leichteren (und billigeren !) Rennspyder sind eigentlich sogar schneller als die LMP3. Daher haben ACO und ADAC es zur Bedingung gemacht das die CN gegenüber den LMP3 deutlich eingebremst werden. Noch schnelleren Prototypen – etwa dem Ginetta G57, den zahlreichen Radical-Konstruktionen oder gar den mit exotischen Rennmotoren ausgestatteten PRC - bleibt der Zutritt zur neuen Serie verwehrt. Damit soll sichergestellt werden das den LMP3 mit ihren beiden deFacto Einheitschassis-Lieferanten Ligier und Duqueine (die proforma genannten Alternativen Ginetta und Adess fallen wegen Performance-Defiziten effektiv aus) nicht das wirtschaftliche Wasser abgegraben wird.

lmp3sFest steht das sich der deutschen Rennszene nun mit den neuen Format einer echten Sportprototypenserie eine echte Alternative zur immer teurer werdenden GT3-Szene auftut. Die Chance kommt zwar für das Gefühl des Autors dieser Zeilen spät, aber sie kommt nun immerhin. Denn sowohl die Kosteneskalation im GT3-Sektor als auch die am Horizont lauernde Reduzierung der Hersteller-gebundenen Marketing-Budgets für Aktivitäten ausserhalb des angesagten Zero-Emission-Sektors könnten der populären Produktionssportwagenklasse in Kürze schneller ein Ende bereiten als dies der Rennszene bewusst ist. Bei den weniger hersteller-gebundenen Prototypenschmieden sind Marketing-Budgets als Grundlage für Rennprogramme hingegen irrelevant. Daher könnten interessierte Teams und Wagenbesitzer in Zukunft eher zu einem günstigerem aber deutlich schnelleren Prototypen statt einem GT3 oder GT4 greifen.

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