6h von Fuji - warum Audi verlor
Das nächste FIA Langstrecken Weltmeisterschaft -Rennen ist Geschichte, es bleibt nach den 6h von Fuji (der Link führt zum Rennbericht auf unseren Seiten) ein überlegener Doppelsieg Toyotas und eine Ohrfeige für Audi in Erinnerung, während Porsche weiterhin ein gutes erstes Einsatzjahr abliefert.
Der Blick auf die Topspeeds und Sektorzeiten zeigt, wo Toyota und Porsche Zeit gegenüber Audi gutmachen konnten – und wo Audi versucht hat, verlorenen Boden zu holen: Auf den Geraden - von denen es im japanischen Fuji genug gibt, unter anderem die über 1 km lange Start-&Zielgerade verlor Audi auf die Konkurrenz beim jeweiligen Höchstwert 13 km/h, über die schnellsten 80 Topspeeds hinweg ca. ein Drittel der Renndistanz war der Unterschied gar noch größer:
30 km/h am Ende der Geraden sind ein enormer Unterschied. Dieser kommt jedoch nicht nur durch die geringere Geschwindigkeit über die Gerade hinweg – Porsche konnte im Gegensatz zu den Mitbewerbern auch länger auf dem Gas bleiben, während Toyota und Audi früher das so genannte „Segeln“ anfingen (= rollen lassen durch Abkoppelung des Antriebsstrangs). Beim Blick auf die Topspeed-Grafik wird dies schnell sichtbar. Die privaten LMP1-Teams von Rebellion Racing und Lotus sind was die Höchstgeschwindigkeit angeht auf dem Niveau des schnellsten Werksteams.
Vergleicht man hierzu noch die Sektorzeiten der drei Werksteams, dann wird der Umstand, dass Audi mit einem Abtreibsstärkeren Audi R18 e-tron Quattro Topspeed geopfert hat schnell deutlich (als Grundlage wird der Durchschnitt der 20 schnellsten Sektorzeiten herangenommen): Sektor 1 (Start&Ziel und enge rechts): Toyota an der Spitze, Porsche folgt mit 0,07-0,17 sek Abstand. Audi hat alleine im kurzen ersten Sektor (unter 20 sek) einen Rückstand von 0,6 sek auf die beiden Toyotas. Sektor 2 (schnelle Kurvenfolge): Toyota auch hier wieder vor Porsche, diesmal 0,3 Sekunden. Audi hingegen liegt 2 Zehntel unter der Zeit der Toyotas – auch deshalb, weil Lucas di Grassi in der Outlap seines ersten Stints gleich eine überlegene (und einmalige) Bestzeit in diesem Sektor hingeknallt hat: 0:25,621 (di Grassi) gegen 0:26,126 (Davidson) und 0:26.482 (Webber). Sektor 3 (langsamere Wechselkurven): Fast ein Patt zwischen Toyota und Porsche, nur die #20 0,085 sek schneller als der siegreiche Toyota. Audi konnte in diesem Sektor den Mehr-Abtrieb nicht umsetzen und verlor 0,5-0,6 Sekunden auf die Benzinbetriebene Konkurrenz. Auch die geringere Hybrid-Leistung spielt in diesem Sektor eine entscheidende Rolle. Ein kurzer Vergleich der schnellsten Durchschnittrunden. Hier wird klar, in welcher Überlegenheit Toyota seine über fast die gesamte Runde besseren Zeiten umgesetzt hat. Mark Webber hat zwar die schnellste Runde gedreht – doch bei Toyota tummeln sich wesentlich mehr Zeiten im Bereich der Bestzeit, während bei Webber ein Abriss von 0,4 sek zur nächstbesseren Zeit zu verzeichnen ist.
Bleibt noch eine wichtiger Schauplatz, bei dem es auf jede Zehntel ankommt: Die Stintlängen/Boxenstopps. Audi hat mit der #1 konstant 36 Runden abgespult, die #2 hat auch zwei 37 Runden-Stints gesehen. Diese waren auch dringend nötig, um den Versuch des Doppelstints mit einem Satz Reifen nicht einen zusätzlichen Stopp folgen zu lassen: Beim ersten Boxenhalt wurden die Reifen nicht gewechselt, doch nach nur 16 Runden musste der nächste Stint abgebrochen werden. Eine Runde früher, und es hätte ein weiterer 37 Runden-Stints folgen müssen – oder eben ein zusätzlicher Boxenstopp. Toyotas #7 hat konstant 37 Runden/Stint gefahren, die #8 mehrheitlich 36 Runden. Bei den kölnischen Japanern wurden von Beginn an bei jedem Stopp die Reifen gewechselt, ein Risiko ist man nie eingegangen. Porsche hat mit der #14 hauptsächlich 37 Runden-Stints abgespult, beim letzten Stopp (und 14 Runden Schlussstint) wurde auf ein Reifenwechsel verzichtet. Bei der #20 wurde zu Rennbeginn nach einem Reifenproblem von Mark Webber nach 11 Runden ein früher Boxenhalt fällig. Beim nachfolgenden Halt wurde auf einen Reifenwechsel verzichtet, in der Folge hat Porsche als einziger Wettbewerber einen kompletten Doppelstint auf einem Satz Reifen zurückgelegt. Aufgrund des frühen ersten Stopps standen die restlichen Stints unter dem Motto „maximal mögliche Reichweite“: zweimal 38, einmal 39 Runden. Ohne diese langen Stints wäre analog zu Audi ein Splash & Dash kurz vor Rennende nötig gewesen. Und die Stoppzeiten? Hier ist Porsche mittlerweile auf dem hohen Niveau der Konkurrenz angekommen. Während den Weissachern bis und in Le Mans teilweise noch mehrere Sekunden fehlten, so liegt man nun auf Augenhöhe.
Was für einen Schluss kann man nun aus dem WEC-Rennen in Fuji ziehen? Toyota hat bei seinem Heimspiel alles richtig gemacht und sich keinen einzigen Fehler erlaubt. Audi hat mit der Wahl auf höheren Abtrieb danebengegriffen, die Wahl in die kleine Hybrid-Klasse ist auch abseits von Le Mans nicht die Richtige gewesen. Porsche hingegen ist vorerst an der Konzern-Konkurrenz von Audi vorbeigezogen. Keine Fehler, schnelle Stopps und ein hoher Topspeed sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Shanghai mit der langen Gegengeraden könnte ähnlich aussehen – doch hier gibt es mehr schnelle und abtriebsfordernde Kurven als in Fuji.