Der Terrier beisst ab sofort nicht mehr
Allan McNish hat kurz vor seinem 44. Geburtstag den Rücktritt von seiner aktiven Motorsportkarriere bekannt gegeben. Der amtierende FIA Langstrecken Weltmeisterschafts-Weltmeister tritt im Jahr seines dritten Le Mans-Sieges damit auf dem Höhepunkt seiner Karriere ab. Nach 3 Le Mans-Siegen - 1998 mit dem Porsche GT1, 2008 mit dem Audi R10 Tdi und 2013 mit dem Audi R18 e-tron Quattro - ungezählten Siegen mit den Audi-Werkswagen in der ALMS, der Le Mans Serie und der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft verliert die Rennszene einen der schnellsten und kompromisslosesten Angriffsfahrer im Cockpit eines Werks-LMP.
McNish: "Ich habe für mich einen idealen Augenblick gefunden, um einen Schlusspunkt unter meine LMP-Karriere mit Audi zu setzen. Zusammen mit meinen Teamkollegen Tom Kristensen und Loïc Duval habe ich meine erfolgreichste Saison im Sportwagen hinter mir und wir haben die 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Mehr als das, was wir in diesem Jahr erreicht haben, kann man sich nicht wünschen. Ich blicke auf eine fantastische Karriere zurück, in der keine Ziele mehr offen sind, und freue mich auf neue Herausforderungen, die vor mir liegen. Nun habe ich sehr viel mehr Zeit für meine Familie. Dem Motorsport werde ich trotzdem in verschiedenen Rollen erhalten bleiben, wenn auch nicht mehr als Rennfahrer für Audi.“
Wann immer Mc Nish in den letzten Jahren ins Cockpit stieg, schnallte nicht nur er sich an. Auch die Zuschauer und Berichterstatter konnten immer voller Vorfreude auf anstehende Bestzeiten-Feuerwerke und bei der Konkurrenz gefürchtete rasante Aufholjagden blicken, mit denen der Schotte das ein oder andere Rennen für seine Einsatzteams drehen konnte. Tom Kristensen nannte ihn einmal „unsern schottischer Terrier“ - wegen dem Biss den McNish im Cockpit entwickelte.
McNish begann seine Karriere im Kartsport. Über die Formel Ford und die Formel 3 kam er in die Formel 3000. Hier fuhr er für die Teams DAMS, 3001 International, Vortex und Paul Stewart Racing. Parallel zu seinen Formel-3000-Einsätzen arbeitete McNish über eine längere Zeit auch als Testfahrer für die F1-Mannschaften McLaren, Benetton, Lola und Toyota. Für die Japaner nahm er in der Saison 2002 ein Jahr lang mit dem TF102 an der Formel-1-Weltmeisterschaft teil.
Parallel zu den nicht auslastenden Testeinsätzen hatte McNish immer wieder mal Einsätze in der LMP-Szene, die ihn 1998 zum ersten Le Mans-Sieg mit Porsche führten. Richtig entfalten konnte er sich dann nach seinem Einstieg bei Audi: In der Saison 2000 gewann Allan McNish im Audi R8 erstmals die ALMS. 2006 und 2007 feierte er im Audi R10 TDI erneute Titelerfolge in der nordamerikanischen Sportwagen-Serie. Vier Gesamtsiege beim 12 Stunden Rennen von Sebring und 4 weitere beim Petit Le Mans ergänzen seine Nordamerika-Bilanz. In den Statistiken der Le Mans Serie ist McNish mit 5 Siegen verzeichnet, darunter dem Sieg beim 1000km-Rennen am Nürburgring 2004. 4 Laufsiege konnte der Schotte zuletzt in den letzten beiden Saisons der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft erzielen.
Mit Ausnahme der Jahre 2001 bis 2003, als er der Formel 1 als Test- und Einsatzfahrer am Start war, stand er seit dem Jahr 2000 in den Diensten des Sportwagenprogramms von Audi. 2005 war er zudem ein Jahr lang in der DTM im Einsatz. Als einziger Fahrer hat er vom Audi R8R über die Modelle R8, R10 TDI, R15 TDI, R18 TDI und R18 ultra bis zum R18 e-tron quattro alle Sportwagen, die jemals in Ingolstadt und Neckarsulm entstanden sind, im Rennen gefahren. Er verbuchte 29 Gesamtsiege, 18 Pole-Positions, 17 schnellste Rennrunden und vier Titelerfolge in elf Jahren und ist damit einer der erfolgreichsten Audi-Sportwagen-Piloten.
Wer das Vergnügen hatte den quirligen, etwas querköpfigen, aber immer humorvollen Schotten einmal persönlich kennen zu lernen weiss welche Persönlichkeit die Sportwagenszene mit Allan als Pilot verliert. McNish war noch einer jener Typen die auch als Werksfahrer noch Klartext äussern konnten. Das Gute an der Tatsache das er als gesunder und erfolgreicher Pilot zurücktreten kann ist, das der Sport ihn noch länger behalten wird. An seine neue Rolle als Markenbotschafter von Audi wird er selber sich noch gewöhnen müssen.