Audi R15 - eine aerodynamische Analyse
Nachdem der neue Audi R15 bei Testfahrten in Vallelunga erstmals vor die Linsen einiger unabhängiger Fotographen geriet und die Fotos Anfang letzter Woche im italienischen Sportauto Magazin erschienen, sah sich nun auch Audi genötigt, ein offizielles Foto des neuen Diesel-LMP1 herauszugeben. Die Bilder unterstreichen was bisher aus Audi-Kreisen angedeutet worden war: Der R15 ist radikal anders entworfen als alle bisherigen Audi-Sportwagen und er kratzt vom Design her, das sich augenscheinlich anhand der Fotos noch weiter in der Entwicklung befindet, an den Grenzen des vom ACO definierten Reglements.
Auf Mulsannes Corner hat in den letzten Tagen eine ausführliche Diskussion der identifizierbaren Eigenheiten anhand verschiedener Fotos des neuen Top-Wagens aus Ingolstadt statt gefunden. Im Folgenden eine Zusammenfassung von Mike Fullertons Beobachtungen:
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Auffälligstes Element von vorne: Die breite Hochnase mit der Audi das grösste setup-technische Manko des R10 angeht - der mangelnde Grip auf der Vorderachse wegen der unausgewogenen Gewichtsverteilung aufgrund des schweren Dieselaggregats.
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Unter der Hochnase, die eine areodynamische Öffnung zur Glättung des Luftflusses enthält, sind adjustierbare Frontflügelelemente sichtbar, die bei High-Downforce-Kursen wie z.B den ALMS-Strecken das Handling verbessern sollen.
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Die Frontsplitterelemente bestehen an den Ecken aus Kevlar statt Karbon, um Beschädigungen zu minimieren.
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Sehr hochgezogene Abdeckelemente zwischen den Rädern und der Hochnase sind die augenscheinlichste Neuerung. Auch wenn der Wagen dadurch ein klobiges Aussehen bekommt und der daraus resultierende ästhetische Eindruck derzeit intensiv in unserem Forum diskutiert wird, so ist dessen Intention in Richtung höherer Abtrieb an der Vorderache doch unverkennbar.
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Der Seitenponton ist geschwungen und verjüngt sich nach hinten zur Hinterachse - eine Lösung die erstmals am französischen WR augenscheinlich wurde, um dort den Luftstrom gezielt am Wagen entlang zu halten. Gleichzeitig weisen die Seitenkästen gerippte Entlüftungen auf, um den Luftstrom bewusst zu lenken.
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Der Heckflügel ist ähnlich wie beim neuen Acura an Schwanenhals-förmigen Trägern aufgehangen statt aufmontiert. Das soll weniger mit einer gewünschten Flexibilität bei High-Speed Kursen, sondern mit den geschrumpften Abmessungen der Heckflügel zu tun haben. Dadurch wären steilere Flügel notwendig, deren stärkere Anfälligkeit für Verwirbelungen diese Lösung favorisieren würde.
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Wegen des niedrig auslaufenden Hecks, wahrscheinlich um einen Teil der 2009´er Aero-Beschneidungen aufzufangen, hat man die Hecklichter als LED´s in die Heckflügel integriert. Diese laufen in die Hinterradabdeckungen aus und bilden einen Venturi-Tunnel für mehr Abtrieb.
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Die Heckabdeckungen bilden von hinten ein zerklüftetes Bild. Entweder ist hier die Entwicklung noch nicht abgeschlossen oder dies ist die derzeit beste Lösung, um die Heckabdeckung so niedrig wie möglich zu halten.
Audi bauchte in der Benzinära von 1999-2005 gleich zwei Vorentwürfe, den 1999 gelaufenen R8R und den gleichzeitig entstandenen britischen R8C, um den späteren R8 zu einem dominanten LMP1 für mehrere Jahre in Folge zu machen. Dem R10 als ersten Diesel-LMP konnte man nun sogar drei Jahre Zeit lassen, um dessen Erfahrungen in ein siegfähiges Konzept für die nächsten drei Jahre einfliessen zu lassen. Frühestens dann erst dürfte der anstehende Umbruch bei den LMP1-Motoren 2011 ein Umbau bei der Aerodynamik des Chassis erforderlich machen. Man darf jedenfalls gespannt sein, wie sich die neue Einsatzwaffe der Ingolstädter in Sebring und an der Sarthe gegen die Konkurrenz von Peugeot schlagen wird.