WEC 2024: Ein Rückblick auf die LMGT3
Bevor das Jahr 2024 zu Ende geht, wollen wir noch einen Blick in die WEC wagen; oder genauer gesagt in die LMGT3, eine Klasse die zumindest meiner Meinung nach hinter den Hypercars vergleichsweise wenig Beachtung fand. Das Konzept dieser Klasse sieht vor, dass sich ein Bronze-Pilot das Fahrzeug mit einem Silber- und einem Gold-/Platin-Fahrer teilt. Somit sollte der absolute Profi-Anspruch mit Werkseinsätzen in dieser Klasse umgangen werden, dafür gibt es ja schon die Hypercars. Entsprechend stark kommt es also auf die Zusammensetzung der Fahrercrew an, die Bronze- oder Silber-Piloten können im Vergleich zur direkten Konkurrenz meist einen größeren Unterschied machen als die Profis in der Gold- und Platin-Kategorie. Auch die Einstufung innerhalb der Balance of Performance hat so einen etwas niedrigeren Stellenwert als bei reinen Profi-Besatzungen. Wir wollen uns in diesem Artikel einmal die verschiedenen Rennen anschauen, inkl. Blick auf die schnellste Rennrunde; diese hat zwar nur bedingte Aussagekraft, in dem Zusammenhang aber dennoch interessant wo die Meister der LMGT3-Klasse im Manthey Pure Rxcing-Porsche bei jedem Rennen landeten.
Der Saisonstart hat mit den 1.812 km oder auch 10 Stunden von Qatar stattgefunden (zum vergrößern der Grafik: Rechtsklick > Grafik in neuem Tab öffnen. Die Grafiken zeigen immer die Reihenfolge, in der die Fahrer ins Fahrzeug gestiegen sind). Die Crew des #92 Porsche von Manthey Racing konnte die oben aufgestellte Theorie direkt bestätigen: Die langsamste schnellste Rundenzeit aus den Top5 stand zu Buche, dagegen sehen wir in der Rundenzeitgrafik aber auch, dass der Bronze-Pilot Aliaksandr Malykhin deutlich schneller unterwegs war als alle anderen Bronze-Piloten in dieser Grafik - abgesehen von der schnellen Sarah Bovy im Iron Dames-Lamborghini #85. Aston Martin konnte mit P2 und P3 überzeugen, Valentino Rossi in WRT-BMW #46 fehlte beim ersten WEC-Einsatz nicht viel zur Silber-Konkurrenz. Wir halten fest: Schnellste Runde für Ferrari #55 mit Alessio Rovera, der Porsche #92 liegt hier auf Rang 12.
Rennen Nummer 2 in Imola: Aufgrund der Witterungsbedingungen und einer kürzeren Renndistanz gibt es hier weniger Runden je Fahrer. Auch wegen einer guten Strategie landeten am Ende die beiden WRT-BMW auf den besten beiden Positionen, und auch hier fallen wieder die guten Rundenzeiten von Bronze-Pilot Malykhin im Porsche auf. Nachdem die TF Sport-Corvette #81 in Qatar noch auf Pole stand aber kein zählbares Ergebnis einfahren konnte, schafften es hier nun die beiden Corvette auf Position 7 und 8 - hinter dem McLaren #95, der beim Saisonauftakt ebenfalls noch glücklos blieb. Der Aston Martin #27 auch hier wieder gut unterwegs mit Rang 5. Wir halten fest: Wieder die schnellste Rennrunde für Ferrari #55 mit Alessio Rovera, der Porsche #92 liegt hier gar nur auf Rang 14 - trotz Rang 3 im Ziel.
Das dritte Rennen fand im belgischen Spa-Francorchamps statt. Noch weniger Runden wegen längerer Rundenzeiten - und einer Rennunterbrechung. Diesmal wieder ein Doppelsieg für die beiden Manthey-Porsche, aber in umgekehrter Reihenfolge. Auch hier konnten Bronze-Piloten den Unterschied machen, man schaue nur auf die Zeiten von Sarah Bovy im Lamborghini #85, aber das Schwesterfahrzeug mit der #60 trotz deutlich langsamerem Bronze-Fahrer Claudio Schiavoni mit P3 sogar auf dem Podium. Mit Rang 8 war Ford erstmals unter den Top8 zu finden. Wir halten fest: Die schnellste Rennrunde ging diesmal an Sébastien Baud in der TF Sport-Corvette #82, der Porsche #92 liegt in Spa auf Rang 10, trotz P2 im Ziel.
Rennen Nummer 4 war zeitgleich auch das Saisonhighlight, die 24 Stunden von Le Mans. Der erste LMGT3-Sieg an der Sarthe ging an das Manthey-Team #91 vor dem WRT-BMW #31 - und die Positionen 3 und 4 für Ford! Im Gegensatz zu den vorherigen Rennen schien Porsche vom Speed her voll mit dabei zu sein. Lexus landet das erste und einzige Mal in dieser Saison in den Top8 mit den langsamsten Zeiten aus der Gruppe. So schön diese Grafiken sind, so sehr sehen wir hier einen ersten Makel am Beispiel von den Zeiten von Michelle Gatting: Die wenigen "guten" abgebildeten Rundenzeiten liegen an dem Fakt, dass der ganz große Teil ihrer Runden bei Full Course Yellow bzw. hinter dem Safety Car, oder bei schwierigen Wetterbedingungen absolviert wurden (und das bei der Gold-Pilotin auf dem Fahrzeug). Wir halten fest: Schnellste Rennrunde von Conrad Laursen im Ferrari #155, der Porsche #92 liegt in dieser Statistik auf Rang 5 (Rang 14 im Ziel), damit das beste Ergebnis in dieser Saisonstatistik.
Nach dem Saisonhighlight ging es in Sao Paulo weiter. Sieg für den Manthey-Porsche #92 vor dem Heart of Racing-Aston Martin #27 - P3 und P4 für die beiden McLaren. Valentino Rossi lag hier erstmals etwa auf dem Niveau von Teamkollege Maxime Martin, wobei die Zeiten des WRT-BMW #46 hier nicht ganz so rühmlich scheinen. Aber auch bei den anderen Teams scheinen die Rundenzeiten Rating-unabhängig sich nicht so stark zu unterscheiden. Wir halten fest: Schnellste Rennrunde für Sarah Bovy (Bronze-Pilotin!) im Iron Dames-Lamborghini #85, der Porsche #92 liegt trotz Sieg hier nur auf Rang 11.
Das sechste Saisonrennen wurde auf dem Circuit of the Americas in Texas abgehalten. "Heimsieg" für den Heart of Racing-Aston Martin #27, vor den beiden Porsche. Während McLaren wieder beide 720S LMGT3 Evo in die Top8 gebracht hat, sehen wir hier auch passend zum Rennen die beiden amerikanischen Marken Ford und Corvette. Während die Bronze-Piloten im Vergleich wieder etwas abfallen, liegen die Silber- und Gold-/Platin-Piloten wieder dichter beisammen. Wir halten fest: Schnellste Rennrunde für Augusto Farfus im BMW #31, der Porsche #92 lag diesmal nur auf Rang 16 - trotz P2 im Rennen.
Der siebte Lauf fand am Fuße des Mount Fuji in Japan statt. Wir sahen den ersten Saisonsieg für Ferrari, Francesco Castellacci lag hier als Silber-Pilot fast auf dem Niveau von Profi Davide Rigon - die schnellste Runde im Fahrzeug ging gar an Castellacci. Hinter dem Porsche #92 landet der WRT-BMW #46 auf Rang 3, die Zeiten von Valentino Rossi sind mittlerweile mit denen von Profi Maxime Martin vergleichbar. Das Iron Dames-Trio mit Rang 5 wieder gut dabei. Halten wir fest: Schnellste Rennrunde diesmal für Alex Riberas im Aston Martin #27, der Porsche #92 hier nur auf Platz 17 (von 18 Startern!).
Schließlich fand in Bahrain mit einem 8 Stunden-Rennen das letzte Rennen der Saison statt. Ferrari holte sich hier den zweiten Sieg in Folge, Corvette die Positionen 2 und 3; mit mehr Glück bzw. weniger Pech hätte auch mehr herausspringen können, lag man doch zwischenzeitlich in Führung. P4 ging an den Iron Lynx-Lamborghini. Claudio Schiavonis Zeiten stehen im starken Kontrast zu Matteo Cairoli, der 20 Runden vor Rennende offensichtlich eine Harakiri-Runde rausgehauen hat. Zieht man diese Runde ab, dann läge der Bestwert bei Marino Sato im McLaren. Wir halten fest: Schnellste Rennrunde für Matteo Cairoli im Lamborghini, der Porsche #92 in dieser Statistik nur auf Platz 13 (P9 im Rennen).
Generell helfen diese Rundenzeiten-Grafiken beim Rückblick auf die Rennen, die Performance der verschiedenen Fahrer besser einzuschätzen. Es gilt aber auch immer Vorsicht bzw. am besten der Blick auf die gesamte Saison: Am Beispiel von Michelle Gatting in Le Mans sehen wir, wie äußere Umstände, ein falscher Luftdruck oder auch mal ein schlechtes Wochenende die Performance in einem Rennen beeinflußen können. Ebenso fällt auf: Die Meister der LMGT3, der Manthey Pure Rxcing-Porsche #92, haben sich den Titel über eine gute Fahrerbesatzung und konstante Leistungen geholt, und nicht weil der Porsche das schnellste Fahrzeug war; höchstens in Le Mans lag man hier auf einem guten Level mit der Konkurrenz. Das gleiche Spiel werden wir sicherlich auch im kommenden Jahr sehen, dann mit Mercedes-AMG anstatt Lamborghini im Iron Lynx-Team, ansonsten im groben gleichen Teilnehmerfeld - doch dazu später mehr.