LMP2 versus LMP1-H - Die Leistungs und Kostenschere
Im Vorfeld des vergangenen 24 Stunden Rennen von Le Mans war spekuliert worden, ob angesichts der im Vergleich zu den Vorjahren eher dünnen Besatzung an Werksautos und dem dichten Feld es ein LMP1-H-Team oder gar einer der LMP2 auf das Gesamtpodium schaffen könnte. Beide Fälle traten nicht ein, aber die Ergebnisse des Wochenendes in den beiden restlichen Prototypenklassen warfen ein Schlaglicht darauf in welcher Zwickmühle sich beide Klassen befinden – und die vom ACO vorgesehene Entwicklung wird sogar noch eher dazu führen das sich die Probleme in beiden Kategorien verschärfen werden.
Zu den Fakten: Hinter den LMP1, die die vordersten 4 (eigentlich 5) Plätze belegten, equivalierte der auf P5 gewertete Signatech Alpine A460 von Gustavo Menez, Nicolas Lapierre und Stephane Richelmi mit P5 das bisher beste Ergebnis eines LMP2 an der sarthe ein. P5 war bereits in den Jahren 2014 (Team Jota), 2010 (Strakka Racing) und 2001 (ROC-Reynard) als bestes Ergebnis in der kleinen Prototypenklasse erzielt worden. Die Signatech Crew hatte im 2. Rennviertel die Führung im hart umkämpften Prototypenfeld übernommen und diese dann kontinuierlich ausgebaut. Dahinter brachte der G-Drive Oreca O05 LMP2 mit Roman Rusinov, René Rast und Will Stevens P2 ins Ziel. Das Podium komplettierte die russische SMP Racing Mannschaft. Auf der vielleicht letzten wahren LMP2-Konstruktion eines kleinen aber technisch kompetenten Herstellers kam die russische Besatzung Victor Shaitar, Vitali Petrov und Kyrill Ladygin ins Ziel.
12 LMP2-Teams kamen in den Top-20 hinter den LMP1 ins Ziel ehe die besten GTE-Pro-Teams in den Ergebnislisten auftauchten. Für den einzigen überlebenden LMP1-L der privaten LMP1-Teams muss man gar noch tiefer ins Rennergebnis hinabtauschen. Der einzige überlebende Rebellion Racing R-One von Nick Heidfeld, Nicolas Prost und Nelson Piquet Jr. kam auf Rang 29 ist Ziel. Das Schwesterauto stoppte ein Elektrikdefekt; der ByKolles CLM fackelte am frühen Morgen nach einer von vielen Reparaturen geprägten Fahrt ab.
Eigentlich hatte der ACO die LMP1 H als Privatierskatrogie in der Königsklasse vorgesehen, doch die Realität sieht nun so aus, das die wenigen Teams die sich zum Verbleib in der Klasse entschlossen haben immer noch regelmässig hinter den LMP2 in den Endergebnissen zu finden sind. Die Zuverlässigkeit der LMP2-Motoren erweist sich regelmässig als besser als die des derzeit bei den beiden Teams verwendeten 2,4l P60-GDI AER-V6-Biturbo Triebwerks. Lediglich bei den 6h von Spa hatten Rebellion Racing und ByKolles ein reguläres Rennen mit Top-10 Positionen zu verzeichnen. Obwohl die Teams ein Heidenbudget aufbringen, das um einiges höher als das einer durchschnittlichen LMP2-Mannschaft ist, sind bislang die Ergebnisse nicht immer von der gewünschten Sorte. Daher sind seit Gründung der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft bislang 3 Teams ausgestiegen (JRM, Strakka Racing , Oak Racing), aber mit ByKolles nur ein Team hinzu gekommen.
Mit 24 LMP2 (den Garage 56 Morgan mal mitgezählt) stand dagegen das bislang grösste Feld in der kleinen Klasse am Start. Hier wird von einigen langjährigen Teilnehmern eine Budgetschräglage moniert, die sich exakt in den Rennergebnissen an der Sarthe niederschlägt. Auf der einen Seite gibt es Teams wie Signatech - die mit einer bis zu 40 Mann starken Crew, unterstützt von Renault Sport den Alpine Werkseinsatz durchführten - , G-Drive - die mit den russischen Gazprom-Millionen ein hochklassiges LMP2-Doppel-Programm in der WM und Europäischen Le Mans Serie stemmen können – und SMP, die mit dem von Boris Rotenburg finanzierten Projekt selbst die Entwicklung eigener, sehr zuverlässiger LMP2 stemmen können. Auf der anderen Seite gibt es langjährige Teilnehmer wie Pegasus Racing oder Race Performance deren zukünftige LMP-Programme angesichts immer grösser werdender Budgets immer schwieriger zu finanzieren sein werden. Die besser situierten Teams werden trotz ausreichender finanzieller Mittel nicht zu den technisch fragileren LMP1-H wechseln.
Zudem die propagierten Änderungen der LMP1-H die auf der ACO-Pressekonferenz bekannt gegeben wurden, eher höhere Kosten und noch mehr Komplexität statt Kostenersparnis und zuverlässigere Performance versprechen. Das in Zukunft mehrere Teams wieder in die LMP1-H wechseln ist daher angesichts der technischen Rahmenbedingungen der neuen Klasse mit stärkeren Einheitsmotoren und einem Herstelleroligopol ab 2017 mehr als fraglich.