Audi hört auf - eine Chance für die ALMS?
Nur eine Woche nach der Le Mans Serien-Absage für 2009 hat Audi auf der Motorshow in Essen die nächste Bombe platzen lassen. Auch die ALMS wird im kommenden Jahr, abgesehen vom R15-Debüt in Sebring, keine Teilnahme des Werksteams von Audi erleben. Die Ingolstädter stellen aufgrund der aktuellen Sparzwänge der Automobilbranche auch ihr nun acht Jahre andauerndes Engagement in der amerikanischen Langstreckenserie ein. In einer knappen Erklärung, die kaum auf die Ursachen des Rückzugs eingeht, gab Audi dies nun gestern bekannt: „Nicht fortgesetzt wird das Engagement in der American Le Mans-Serie. Audi ist im Jahr 2000 in die ALMS eingestiegen und hat diese Meisterschaft maßgeblich mit aufgebaut. Innerhalb weniger Jahre hat sich das Championnat zu einer faszinierenden Motorsport-Serie entwickelt, die der immer größer werdenden Fan-Gemeinde spannenden Sport bot und noch immer bietet. ... Auch aus diesen Gründen ist uns der Rückzug schwergefallen. Mit dem Einsatzteam Champion hatten wir zudem einen Partner, der auf allerhöchstem Niveau arbeitet ...“. Damit verliert die ALMS nach dem Abgang von Penske Racing, die wie berichtet 2009 in die Grand Am wechseln, ihr zweites grosses Zugpferd.
Kritische Stimmen hatten schon im Vorfeld zusammenaddiert, dass nach dem Boom in 2008 mit zeitweise über 30 Autos bei den Rennen für 2009 mit einem Einschnitt von bis zu maximal 20 Startern zu rechnen sein könnte. Dies scheint sich nun nach der Hiobsbotschaft aus Ingolstadt zu bestätigen. Und die schlechten Nachrichten reissen nicht ab: Angeblich steht auch Acuras geplantes LMP1-Programm auf dem Prüfstand. Hier könnte lediglich ein zwei-Wagen-Engagement in der LMP2 folgen. Die ALMS steht somit vor einer ihrer grössten Umwälzungen der letzten Jahre. Anders als in Europa gab es im amerikanischen Pendant nämlich mehr eine Favorisierung der Werkssportengagements mit den Privatiers als feldfüllendes Beiwerk. Dies muss in Krisenzeiten, in denen naturgemäß der Werkssport schlagartig auf geringere Levels gefahren wird, den Organisatoren um so mehr auf die Füsse fallen. In der Le Mans Serie ist die Basis mit etwa drei dutzend Privatteams viel breiter aufgestellt, weshalb hier in 2009 mit etwa 35-40 Startern eine existenzsichende Basis existiert.
Auch hat die ALMS aufgrund der Werkssportdominanz so manche individuelle Abkehr von dem ACO Reglement erleben müssen. So sind die Balance of Performance-Massnahmen zugunsten der Pirelli-bereiften GT1-Astons noch in schlechter Erinnerung. Auch die Alleingänge bezüglich der LMP2-Gewichtsregularien, um einen publikumswirksamen Kampf um die Gesamtsiege zwischen den LMP1-Werks-Audis und den LMP2-Semi-Werks-Porsches zu erzwingen, resultierten hauptsächlich aus der langjährigen Schwäche der Abwesenheit einer breiten Privatierbasis in den LMP-Klassen der Serie. Gerade diese Bevorteilungen der LMP2 hatten in den vergangenen Jahren auch wiederholt den offen bekundeten Missmut von Audi auf sich gezogen und die aktuelle Entscheidung möglicherweise auch mit beeinflusst.
Dies wird nun für 2009 nach dem Abgang von Audi komplett anders: Nun müssen sowohl in der LMP1-Klasse als auch in der seit Jahren darbenden GT1-Klasse die Privatiers das Zepter hoch halten. Für die LMP1 stehen Teams wie Intersport-Racing, das neue Corsa-LMP1-Hybrid-Zytek-Engagement sowie der angekündigte Wechsel von Creation Autosportive in die amerikanische Serie nun plötzlich voll im Rampenlicht, während in der GT1 bislang noch kein Privatteam die Option einer automatischen Le Mans Wildcard für 2010 mit einem Jahres-Engagement '09 für sich entdeckt hat. Vielleicht wird der Weggang der übermächtigen Werksteams von Corvette in der GT1 und Audi in der LMP1 nun zur Chance für die Teams aus der zweiten Reihe in der ALMS, die nach wie vor eine gute Marketingplattform darstellt. Die Sonderregelungen für die LMP2 sollte die IMSA jedenfalls schon mal auf den Prüfstand stellen.