24h Nürburgring 2024 - wir müssen reden... !
Es gibt Redebedarf nach der 52. Ausgabe der 24 Stunden Rennen am Nürburgring (der Link führt zum Rennbericht auf unseren Seiten)! Nicht wegen der Statistiken, auch nicht wegen der rekordverdächtigen Länge (bzw „Kürze“) des Events sondern wegen eines in den letzten Jahren immer öfter auftretenden Problems das auch heuer wieder einmal eskalierte: der Wetteranfälligkeit der Veranstaltung, die sich erkennbar zunehmend zu einem zu berücksichtigenden Faktor entwickelt und die nach intelligenten Lösungen verlangt...
Erst einmal zu den Pflichtfakten: Die 52. Ausgabe endete am Sonntag knapp eine Stunde vor dem anvisierten Zieleinlauf mit dem Sieg des Scherer Sport PHX Audis von Frank Stippler, Christopher Mies, Ricardo Feller und Dennis Marschall. Sowohl für Audi, die sich in dieser Saison kontrolliert aus dem GT-Kundensport zurückziehen, als auch für die seit dem Vorjahr unter dem Scherer Sport PHX-Label agierende Phoenix-Racing Mannschaft war es der jeweils siebte Sieg beim Ringklassiker. Für Stippler und Mies war es der jeweils 3 Sieg im Eifel-Enduro. Marschall und Feller trugen sich zum ersten mal in die Siegerlisten ein; Feller als zweiter Schweizer nach Nico Müller der 2015 mit Belgian Audi Club Team WRT erfolgreich war.
Dahinter stieg die Manthey Racing Mannschaft mit Laurens Vanthoor, Thomas Preining, Kevin Estre und Ayhancan Güven auf das Podium. Mit Platz 3 für die BMW M Team RMG-Junioren Daniel Harper, Max Hesse und Charles Weerts gab es zum ersten Mal ein zählbares Ergebnis für die schon bei einigen Teilnahmen gebeutelten Junioren, das auch gleich auf dem Treppchen endete.
107 von 127 gestarteten Teilnehmern wurden am Ende nach zwischenzeitlich schwierigen Wetterverhältnissen abgewunken, davon 105 in Wertung. Diese Wetterverhältnisse führten am Samstag Abend zum befürchteten Nebel und damit zur 9. Rennunterbrechung in der Geschichte des Klassikers, die mit 14 Stunden und 7 Minuten nicht die längste war; 2021 wurde das Rennen für 14,5 Stunden unterbrochen. Doch da nach 5 Runden hinter dem Safetycar am Sonntag nachmittag kurz vor 15 Uhr keine Besserung beim nach wie vor anhaltenden Nebel erkennbar war, wurde der Event eine Stunde vor dem offiziellen Ende abgewunken – und wie zum Hohn gab der Nebel prompt zu diesem Zeitpunkt die Strecke wieder frei, die damit noch eine Stunde Rennaction hätte erleben können. Die Ausgabe 2024 wird somit vorerst als die mit 8 Stunden und 57 Minuten Fahrzeit, 50 in Wertung absolvierten Runden und 1268,9 zurückgelegten km als die vorerst kürzeste Aufgabe des Klassikers in die Geschichtsbücher eingehen – bis vielleicht nächstes Jahr der Nebel noch ein wenig früher einsetzen wird....
Und damit kommen wir zum Problem an der Nordschleife: die Rennunterbrechung war, bezogen auf die jüngere Geschichte dieses Langstreckenrennens, die sechste in 12 Jahren. Bezogen auf die letzten 7 Jahre war es die vierte. Langanhaltende Rennunterbrechungen wegen Nebels oder Starkregen sind unabhängig von Austragungsdatum am Ring mittlerweile die Regel und keine Ausnahme mehr. Unabhängig davon ob man nun der Theorie des menschengemachten Klimawandels anhängt oder diesen als Verschwörungstheorie brandmarkt, lässt sich nicht wegdiskutieren das das Problem offensichtlich öfters als in der Vergangenheit auftritt. Die Folgen für die Rennleitung sind zwangsläufig: sobald die Sichtverbindung zwischen den Streckenposten abreißt ist eine Fortsetzung des Rennbetriebes nicht mehr zu verantworten, weder den Werksmannschaften noch den Privatiers in den kleineren Autos gegenüber die aufgrund der Geschwindigkeitsunterschiede beide von den möglicherweise fatalen Folgen einer Havarie im Renntempo im Verkehr betroffen wären. Wie das – auch bei guter Sicht - enden kann wurde am Samstag eindrucksvoll demonstriert, als der führende Sheldo van der Linde im ROWE Racing BMW M4-GT3 in der Fuchsröhre Opfer eines Missverständnisses beim Überrunden wurde und dabei unverschuldet die beiden anderen beteiligten Wagen abräumte.
Wie könnte eine Lösung aussehen den Rennbetrieb trotzdem bei einer solchen Situation weiter aufrecht zu erhalten? Die einzig machbare, die dem Autor dieser Zeilen einfällt, wäre eine Variation des Safetycar-Einsatzes beim 24 Stunden Rennen von Le Mans. Dort sind angesichts der schieren Größe der Strecke 3 Safetycars im Einsatz, die im regelmäßigen Abstand voneinander bei einer SC-Situation die Strecke umrunden. Man müsste bei Start-Ziel , in Breitscheid und an der Hohen Acht je ein SC vorhalten (das abgesehen davon auch als weiteres Intervention-Car agieren könnte) und den Einsatz dieser Wagen bei einer entsprechend eskalierenden Wetterlage etwa 5-10 Minuten im Voraus ankündigen, damit die Teams ihre Piloten instruieren und vorwarnen könnten. Anschliessend würden diese Wagen das Feld unter Doppelgelb auf der gesamten Strecke bei etwa 100kmh einfangen und dann im regelmäßigen Abstand mit einem ggf den Verhältnissen angepassten Tempo zwischen 120 und 90 kmh – vorgegeben durch die Rennleitung - den Kurs zu umrunden.
So wäre sicher gestellt, dass der Rennbetrieb zugunsten der Fans und aktiven Teams zumindest weiter geht, das das Risiko abzufliegen aber deutlich minimiert wäre. Zudem würde die Strecke dadurch weiter trocken gefahren werden können, was zumindest realistischer wäre wie einige Vorschläge die in der Nacht im Pressezentrum kursierten – vom Einsatz von Nascar-Blowern bis hin zur Überdachung der Nordschleife oder Einbau einer Fußbodenheizung im Asphalt...
Was bislang von der Rennleitung bezüglich des Einsatzes von Safetycars an der Nordschleife als Problem gesehen wird, ist das die Reifendrücke bei den Top-Autos hinter den Führungsfahrzeugen derart zusammenbrechen das es beim Restart bei den GT3 und Porsche Cup-Fahrzeugen zu gefährlichen Situationen aufgrund des mangelnden Grips kommt. Stichwort „Safetycars breed Safetycars“!
Auch dem könnte man durch eine weitere Regelanpassung vorbeugen: Bei Eintreten dieser lediglich als „ultima ratio“ gedachten Situation, das wetterbedingt die ganze Strecke unter SC-Bedingungen gesetzt wird, müssen die Top-Wagen bei denen dieses Problem auftreten kann bei nächster Gelegenheit an die Box kommen und dort unwidersprochen Regenreifen mit einem für die SC-Verhältnisse angepassten Druck aufziehen. Geschnittene Slicks, Wet-Slicks oder Intermediates wären in solch einer Situation für diese Autos tabu. Erst kurz vor der mit Vorlauf angekündigten Freigabe dürften wieder Reifen nach Wahl aufgezogen werden, die dann kurz vor dem Rennstart warm gefahren werden.
Wir hätten bei Vorliegen einer solchen Lösung am Wochenende zwar eine quälend lange Safetycar-Phase von gut 15 Stunden am vergangenen Sonntag erlebt, die aber sowohl den Streckenverhältnissen (danach ist die Ideallinie durchgehend trocken), wie auch der Geduld der Fans und Aktiven gut getan hätte. Auch eine SC-Phase muß man zudem erst mal taktisch überstehen wenn 1 Minute nach der Durchfahrt des letzten Wagens des Pulks die Boxengasse geschlossen wird und nach einem Fahrerwechsel mit Tankstop klar ist, das man sich erst wieder in den folgenden Pulk einreihen kann. Dies schafft eine zusätzliche taktische Herausforderung für die Boxencrews. Und die Freigabe 45 Minuten vor Schluß, die aufgrund der Wetterverhältnisse möglich gewesen wäre, hätte der diesjährigen Ausgabe eine ganz andere Qualität gegeben - und wohlmöglich - bei allem Respekt für das erfolgreiche Audi-Quartett - noch einen ganz anderen Sieger. Zumindest wäre man so um den Protest der Rowe-Mannschaft herum gekommen, die nach dem Rennen Klärungsbedarf bei der Auslegung der Wertung nach einem Rennabbruch anmeldete, woraufhin jetzt das DMSB-Berufungsgericht in den nächsten Tagen in Aktion treten muss.
Ja! Auch diese Lösung hat zu diskutierende Nachteile – weil dadurch ein Top-Feld ggf. in 3 Teile auseinander gerissen wird und man auch mit einem Top-Auto beim Restart 3 Minuten Rückstand aus der folgenden SC-Gruppe nicht so einfach aus dem Ärmel aufholen können wird. Hier wäre eine Lösung denkbar die 3 SC kurz vor der Freigabe zu einem Pulk wieder zusammenzuführen. Aber besser als die Einsatzgeräte 14 Stunden stehen zu lassen ist diese vorgeschlagene Lösung allemal. Von daher stellt der Autor dieser Zeilen diese Vorgehensweise hier mal zur Diskussion und hofft auf Feedback oder zumindest die Formulierung eines alternativen Vorschlags. Denn eine weitere Ausgabe der „Almost 9 Hours of the Nürburgring“ (wie einige IGTC-Kollegen die Veranstaltung im Nachhinein ironisch betitelten) kann weder im Interesse der Fans noch der Aktiven sein.