Frikadellis GT3-Rückzug und die Hintergründe
Für viel Aufsehen sorgte in den letzten Tagen die Ankündigung des Frikadelli Racing Teams, den neuen Porsche 991 GT3 R wegen einer zu ungünstigen BoP-Einstufung sowohl vom 24 Stunden Rennen am Nürburgring als auch aus der VLN Langstreckenmeisterschaft abzuziehen. „Der Höchstgeschwindigkeitsüberschuss und Rundenzeitenvorteil der anderen Marken ist so deutlich, dass es für uns keinen Sinn mehr macht, mit unserem GT3 R weiter anzutreten. Wir bestreiten keine Rennen, um das Starterfeld aufzufüllen. Wir nehmen nur teil, wenn uns die Gelegenheit gegeben wird, auf Augenhöhe mit anderen GT3-Fahrzeugen um ein gutes Resultat zu kämpfen“, wird Klaus Abbelen in einer internen Pressemitteilung des Teams zitiert.
Der Schritt, wegen des aktuellen Standes der BoP auszusteigen, hat nicht nur in Fankreisen Unverständnis ausgelöst. Auch die Organisatoren des 24-Rennens zeigen sich in einem Artikel unserer Kollegen von Motorsport-Total.com irritiert. „Wir sind enttäuscht, dass das Team mitten im Prozess der Definition der BoP-Einstufung aussteigt. Die BoP für das 24-Stunden-Rennen steht längst noch nicht fest.“ Dies wird untermauert duch die Tatsache dass die Porsche just neben einem grösseren Restriktor gleichzeitig für VLN3 einen Gewichtserleichterung von 25kg zugestanden bekamen. Eine technische Änderung, in deren Umfeld der Rückzug des Teams in einem noch seltsameren Licht erscheint.
Nun ist es bei diversen Marken aus dem VAG-Konzern seit einigen Jahren gepflegte Tradition im Vorfeld des 24 Stunden Rennen am Nürburgring über die BoP zu lamentieren – und dann im Rennen jeweils doch noch zumindest ein Wörtchen um den Sieg mitzureden oder ihn am Besten gleich einzufahren. Was man angesichts des GT3-Konzeptes Porsche nicht mehr unterstellen kann, ist die in den Jahren vor 2010 praktizierte Belieferung des Werksteams mit Performance-Teilen, die dem Manthey-Team oftmals Vorteile gegenüber der markeninternen Konkurrenz einbrachte. Diese Praxis hat sich mit der GT3 und der Festschreibung homologierter Pakete eigentlich zur Zufriedenheit der sonstigen Porschekunden erledigt.
Die bisherigen Rennergebnisse von Frikadelli mit dem neuen Porsche zeigen, dass man zudem auch Pech in den Rennen hatte: Bei VLN1 wurde man Opfer einer Kollision mit AMG-GT-Pilot Stefan Mücke. In VLN2 kostete dem Team ein Spurstangenschaden im Endeffekt einen Top-10 Platz. Mit dem Quartett Abbelen/Schmitz/Huisman/Siedler wäre die Mannschaft nur unwesentlich schlechter besetzt als noch im Vorjahr wo Schmitz/Huisman/Pilet/Bergmeister in Führung liegend nach einer Kolllision ausfielen. Was dagegen mehr ins Kontor hauen dürfte ist, dass sich just vor einigen Tagen der aktuelle Chefmechaniker von der Truppe getrennt haben soll. Dieser war erst Anfang der Saison zum Team gestossen, nachdem sich Ende 2015 der letztjährige, sehr erfahrene Chefmechaniker Frank Lynn in Richtung Rinaldi Racing verabschiedet hatte. Zudem hat Frikadelli nach der Rückkehr von Olaf Mantheys Truppe nicht mehr den Status des Top-Porsche-Teams am Ring sondern muss sich mit der Rolle eines Kundenteams mit einem Rang in der zweiten Reihe hinter den Werksteams begnügen - das kratzt möglicherweise am Ego wenn man im Jahr zuvor noch um Gesamtsiege mitfahren konnte...
Somit wäre ein personeller Engpass der wahre Grund für die Entscheidung, das technisch anspruchvollste Auto der Mannschaft für das 24h-Rennen stehen zu lassen. Immerhin hat man mit einem weiteren SP7-Porsche ein zweites Eisen im Feuer um einen Klassensieg beim 24h Klassiker. Nicht wenige Insider glauben auch, dass nach Lösung der Personalprobleme ein kurzfristiger Rückzug vom Rückzug bei der Porsche-Truppe wahrscheinlich wäre.