DTM Trophy - GT4 a la ITR?
Mit der Ankündigung der neuen Serie der DTM-Trophy hat die DTM-Organisation ITR einige Diskussionen in der Szene der einheimischen GT-Teams aufkommen lassen. Die ab 2020 neu für das Rahmenprogramm der DTM vorgesehene Serie lehnt sich augenscheinlich an den aktuellen Boom der GT4-Fahrzeuge an und will der DTM eine eigene die Topserie unterstützende Serien- und Teamplattform schaffen. Einige der Rahmenvoraussetzungen lassen jedoch vermuten das das zweite grosse professionelle Serienpaket in Deutschland ganz eigene Pläne mit der Klasse verfolgt.
Zu den Fakten: Für die DTM-Trophy sind Fahrer und Teams mit seriennahen GT-Rennfahrzeugen der FIA-Gruppen E2-SH und E2-SC aller Hersteller startberechtigt. Genannt werden allen voran die in der DTM vertretenen Hersteller Audi, BMW und Aston Martin, aber auch Marken wie Mercedes-AMG, Porsche, McLaren, Ford, Chevrolet, Lotus, Jaguar, Toyota und Nissan. Ähnlich wie in der DTM wird es in der DTM Trophy, die international ausgeschrieben wird, pro Rennwochenende freitags 2 freie Trainings geben sowie am Samstag und Sonntag jeweils ein 20-minütiges Qualifikationstraining und ein Rennen über 30 Minuten, das dann somit wohl ohne Fahrerwechsel und nur für Einzelpiloten über die Bühne gehen wird.
Für die Angleichung der Fahrzeugperformance will die ITR eine eigene BoP vor Saisonbeginn festlegen. In der DTM Trophy wird es 3 Wertungen geben: eine Fahrer-, eine Team- und eine Junior-Wertung für Fahrer und Fahrerinnen unter 22 Jahren. Fahrereinstufungen nach dem Schema Platin/Gold/Silber/Bronce, wie sie in vielen anderen GT-Serien üblich sind, wird es in der DTM Trophy nicht geben. Voraussetzung ist mindestens eine internationale D-Lizenz. Die Punktevergabe wird an die der DTM angelehnt: Es gibt Zähler für die 10 Bestplatzierten eines Rennens, wobei der Sieger 25 Punkte erhält und es für Platz 10 einen Punkt gibt. Darüber hinaus werden in der Qualifikation Punkte für die drei Bestplatzierten vergeben – nach dem Schema 3-2-1. Die Einschreibegebühr beträgt 27.000 Euro zzgl. USt. pro Teilnehmer.
In ihrer Debütsaison wird die DTM Trophy an 7 Rennwochenenden im Rahmenprogramm der DTM ausgetragen die folgende Termine belegen:
Zolder (24.–26. April),
Lausitzring (15.–17. Mai),
Anderstorp (12.–14. Juni),
Norisring (10.–12. Juli),
Assen (4.–6. September),
Nürburgring (11.–13. September)
Hockenheimring (2.–4. Oktober).
Womit wir zu den Hintergrundspekulationen kommen: Das die DTM bei ihrer Ausschreibung die Fahrzeuge nicht als GT4 sondern als E2-SH bzw. E2-SC benennt hat handfeste rechtliche Gründe: Das Label GT4 ist von der SRO geschützt und wird von der französischen Organisation nur an einen Verband pro Land lizensiert – das ist in Deutschland nun mal der ADAC der nach anfänglichem langen Zögern mit der ADAC GT4 Germany 2019 eine Serie etabliert hat die aus dem Stand in Sachen spektakulärem GT-Sport ihrer grossen Schwester ADAC GT-Masters kaum nachsteht, aber deutlich preiswerter zu betreiben ist. Einzige Möglichkeit den Boom den neuen Klasse mit zu nutzen ist es nun, sie unter anderem Namen zu betreiben und auch sonst alle mit der Lizenzvergabe verbundenen Rahmenbedingungen – so die von der SRO vorgegebene BoP, das Fahrereinstufungs-Konzept und das Rennformat von 60min-Sprints mit Fahrerwechsel – über Bord zu kübeln und eigene Regeln dahingehend einzubringen.
So könnte eine eigene BoP die in der DTM vertretenen Marken BMW, Audi und Aston Martin subtil in deren Marketing-Bemühungen unterstützen. Das zum Beispiel die aktuelle ADAC GT4 Germany-Meistermarke KTM nicht erwähnt wird und statt dessen Nissan (mit dem reichlich angestaubten 370Z) und Toyota als Super-GT-Partner der DTM angepreist werden, kann man als einen solchen subtilen Wink mit dem Zaunpfahl verstehen. Die Eliminierung der Fahrerklassierungen schafft daneben auch Möglichkeiten Werksfahrer und -Junioren in die Autos zu setzen und damit den 3 an der DTM beteiligten Marken weitere Marketingerfolge zu bescheren. Ob sich angesichts solcher Rahmenbedingungen auch Amateure finden die sich vor der in letzter Zeit eher schwindenden Publikumsplattform der DTM von verkappten Werkseinsätzen bügeln lassen wollen wird die Zukunft zeigen müssen.
Zumindest zeigen die Bemühungen das die ITR zwar spät wenn auch nun deutlich den Weckruf verstanden hat. Der Rückzug von AMG – erst just hatte sich Aston Martin-Partner R-Motorsport von HWA getrennt- sowie eine immer weiter einbrechende Publikumsbasis an den Strecken und im TV in Zusammenhang mit einem immer schlechter werdenden Rahmenprogramm hatte in den vergangenen Jahren die Serie an den Rand der Existenzfrage gebracht. Das man nun über den eigenen Schatten springt und das Rahmenprogramm mittels Serien wie der DMV-GTC oder der DTM-Trophy aufwertet ist eine längst überfällige Massnahme um dem Serienpaket wieder Attraktivität zu verliehen und der DTM einen Unterbau aus interessierten Teams und Piloten zu verleihen, die evtl. irgendwann mal in die Top-Klasse aufsteigen könnten.
Eventuelle negative Sezessionsfolgen für die deutsche GT4-Szene, die derzeit auf anderen Medien diskutiert werden, halten sich bei genauerer Betrachtung in Grenzen. Zum einen steigt die Anzahl der in Deutschland aktiven GT4 Mannschaften kontinuierlich an. Zum Anderen ist das Sprint-Konzept mit nur einem Piloten jetzt nicht sonderlich geeigert die hierzulande in der ADAC GT4 Germany und der GT4-European Series aktiven Teams mit dem lukrativeren 2-Piloten-Modell in Scharen zum Überlaufen zu bewegen. Als erster Kollateralschaden der neuen Serienstruktur dürfte lediglich der Audi Sport Seyffarth R8 LMS Cup anzusehen sein der allerdings höchstwahrscheinlich seinen Grundstock an Audi R8 LMS GT4-Piloten und Fahrzeugen als Basis in die neue Serie einbringen dürfte. Auch die DMV-GTC wurde nur unter der Massgabe ins Paket aufgenommen, im nächsten Jahr die GT4-Klasse zu streichen.
Ein Schuss ins eigene Knie dürfte da eher der von der DTM vorab festgelegte Kalender sein, bei dem sich die Runden in Zolder , am Eurospeedway Lausitzring und dem Finale in Hockenheim mit dem für die GT4-Teams wirtschaftlicheren GT-Masters-Paket überschneiden. Weitere Überschneidungen gibt es bei der Runde in Assen mit der GT4-European Series Runde am Nürburgring sowie der Norisring-Runde mit VLN5. Da präsentiert sich der ADAC GT4 Germany-Kalender den Teams deutlich kooperativer was das Engagement in einer Zweitserie anbelangt. Vielleicht sind dies Hausaufgaben die die ITR in den kommenden Jahren noch machen muss wenn man den Erfolg des ADAC im GT-Bereich wirklich duplizieren will.