Porsche 911 GT3 Cup (992)
Porsche hat im Rahmen der „Porsche Night of Champions“ die neueste Version des Porsche 911 GT3 Cup vorgestellt. Der ab der Saison 2021 für den Porsche Mobil1 Supercup , den Porsche Carrera Cup Deutschland sowie die Carrera Cups in Frankreich, BeNeLux, Asien und Nordamerika vorgesehene Einsatzwagen ist die erste Rennversion auf Basis der aktuellen Neunelfer-Generation 992 und das erste Markenpokalauto des Sportwagenherstellers, das mit einer turbobreiten Karosserie auftritt. Die Auslieferung an die Teams beginnt im Februar 2021. Porsche bietet den neuen 911 GT3 Cup ab sofort zum Preis von 225.000 Euro zuzüglich länderspezifischer Mehrwertsteuer an. Damit wird der Wagen noch einmal 35.000 Euro teurer als sein 2016 vorgestelltes Vorgängermodell.
Im Jahr 1990 hatte Porsche das erste 911 Cup-Fahrzeug vorgestellt. Es fußte auf der Generation 964 und ging in der Debütsaison des deutschen Porsche Carrera Cup mit 260 PS an den Start. Ab 1993 kam es auch im neu gegründeten Porsche Mobil1 Supercup im Rahmenprogramm der Formel 1 zum Einsatz. Im Laufe der Jahre folgten 5 weitere Generationen mit einer bis heute produzierten Stückzahl von 4.251 Exemplaren. Damit hat man seit der Vorstellung der letzten Version, des im September 2016 vorgestellten 991 Gen2, 1220 zusätzliche Exemplare an den Mann bringen können. Mit dem neuen Modell hofft der deutsche Hersteller nun die 5000.er Marke in naher Zukunft erreichen zu können.
Die konkrete Entwicklung des neuen Modells begann Anfang 2019. Zentrale Entwicklungsziele waren neben der weiter verbesserten Performance auch ein aggressiveres Design, ein einfacheres Handling und eine höhere Dauerhaltbarkeit bei geringerem Aufwand für Einsatz und Wartung. Mit einer Leistung von rund 375 kW (510 PS – und damit nun fast doppelt so viel wie beim Ur-964) übertrifft es seinen direkten Vorgänger um 25 PS. Der neue GT3 Cup ist zudem für den Betrieb mit synthetischen Kraftstoffen ausgelegt, die eine signifikante CO2-Reduzierung im Rennbetrieb ermöglichen. Die Rundenzeiten sollen sich je nach Streckenprofil um gut 1% verbessern.
Zu den markantesten Besonderheiten des neuen 911 GT3 Cup zählen seine optimierte Aerodynamik und der insgesamt prägnantere Auftritt – er tritt schon auf den ersten Blick noch überzeugender auf. Dies beruht zum einen auf der turbobreiten Leichtbaukarosserie, die beim Cup-Auto erstmals zum Einsatz kommt. Mit einer Gesamtbreite von 1,902m übertrifft sie das Vorgängermodell an der Hinterachse um 28mm und zeichnet sich durch einen zusätzlichen Kühllufteinlass vor den Rädern aus. Die Generation 992 des Elfers steuert eine deutlich breitere Vorderachse bei. Dank zusätzlicher Kotflügelverbreiterungen misst der neue 911 GT3 Cup an der Vorderachse jetzt 1,920m. Dies macht den Weg frei für eine Rad-Reifen-Kombination mit 12 Zoll breiten Felgen an der Vorder- und 13-Zoll-Rädern an der Hinterachse.
Zeitgleich generiert die 7.Generation des Cup-Fahrzeugs mehr aerodynamischen Abtrieb. Er resultiert aus der Kombination des Heckbürzels mit dem größeren Heckflügel und der Frontschürze, die mittels einer Bugspoilerlippe sowie gezielt platzierten Abrisskanten spezifisch an den Rennbetrieb angepasst wurde. Die elffach verstellbare Schwanenhals-Aufhängung des Heckflügels sorgt für eine ungestörte Unterströmung. Die gesteigerte aerodynamische Effizienz bewirkt auch ein nochmals stabileres Fahrverhalten, vor allem in schnellen Kurven.
Die Karosserie des Cup-Fahrzeugs aus der Generation 991.2 bestand zu 70 Prozent aus Stahl und zu 30 Prozent aus Aluminium. Beim Nachfolger hat sich dieses Verhältnis umgekehrt. Dass er mit einem Leergewicht von 1.260 Kg dennoch rund 35 Kg mehr auf die Waage bringt, ist beispielsweise der nochmals um zusätzliche Streben erweiterten Sicherheitszelle aus Stahl geschuldet. Die abnehmbare Rettungsluke im Dach entspricht dem aktuellen FIA-Standard. Alle Scheiben des GT3 Cup werden aus leichtem Polycarbonat hergestellt und erhalten eine kratzunempfindliche Hard-Coat-Versiegelung. Türen, Motorabdeckung und Heckflügel werden aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen gefertigt. Die Fronthaube besteht wie beim 911 Carrera aus Aluminium – dies senkt nach einem Fremdkontakt die Reparaturkosten.
Großes Augenmerk widmeten die Entwickler der Ergonomie rund um den Fahrer. Außer in der Neigung lässt sich der neue Rennsitz nun auch in der Höhe zweifach anpassen. Verschiedene Polsterstärken erhöhen die individuellen Einstellmöglichkeiten zusätzlich. Das neu gestaltete, oben offene Motorsport-Multifunktions-Lenkrad aus Kohlefaser ist eine Weiterentwicklung aus dem 911 GT3 R. Seine beleuchteten Tasten wurden auf Anregung der Fahrer neu angeordnet. Auch die Einstellung der Bremsbalance erfolgt über ein Drehrad am Lenkrad in oder entgegen der Fahrtrichtung – je nachdem, ob der Vorderachse mehr oder weniger Bremswirkung zugeordnet werden soll. Den mittig platzierten, 10,3 Zoll Farbmonitor haben die Entwickler neu aufgesetzt. Er priorisiert fortan die Anzeige jener Daten und Informationen, die dem Fahrer im Rennbetrieb nutzen. Neben der Motordrehzahl zum Beispiel Wasser- und Öltemperatur, der aktuell eingelegte Gang und Fehlermeldungen oder Hinweise auf wichtige Grundeinstellungen wie etwa „wet“ für regennasse Rennstrecken. Rund 700 Diagnose-Möglichkeiten stehen bei der Fahrzeugelektronik der Fehlerbehebung zur Verfügung. Eine spezifische Software fasst alle Informationen besser verständlich und noch übersichtlicher zusammen. Optionale Fahrzeugfunktionen wie ABS oder Traktionskontrolle sind im System bereits hinterlegt. Sie lassen sich mittels eines digitalen Codes freischalten. Im Porsche Mobil1 Supercup und den meisten Carrera Cups bleiben diese Fahrhilfen auch weiterhin deaktiviert: Hier soll allein das fahrerische Talent der Teilnehmer den Ausschlag geben.
Motorsport-Steuergeräte und Daten-Logger rückten aus dem Beifahrer-Fußraum zurück in den hinteren rechten Fondbereich. So stehen sie nicht länger dem Einbau eines zweiten Sitzes im Wege, wie er etwa für Renntaxifahrten zum Einsatz kommt. Die Schaltwalze des Getriebes wird von einem elektrischen Stellmotor statt wie bisher pneumatisch bedient. Vorteile sind noch schnellere Gangwechsel, die Möglichkeit der Live-Diagnose und ein reduziertes Schadensrisiko, zum Beispiel bei einer Fehlschaltung.
Beim Fahrwerk werden die Vorderräder fortan von Doppelquerlenkern und spielfreien Uniball-Lagern geführt – wie beim 911 RSR. Hierdurch nehmen die Dämpfer keine lateralen, sondern nur noch axiale Kräfte auf. Dies ermöglicht ein präziseres Einlenkverhalten und vermittelt ein besseres Gefühl für die Vorderachse. Die Stoßdämpfer erhalten darüber hinaus eine aus dem 919 Hybrid und 911 RSR abgeleitete Ventiltechnologie. Neu für den 911 GT3 Cup ist auch die rein elektro-mechanische Servolenkung. Sie ermöglicht den Entfall der Hydraulikpumpe und entsprechender Hydraulikleitungen.
Auf der Motorenseite bleibt der 911 GT3 Cup beim Saugerprinzip. In der Rennversion entwickelt der 4,0 Liter große, wassergekühlte Sechszylinderboxer 375 kW (510 PS). Seinen Leistungszenit erreicht das trockensumpfgeschmierte Aggregat bei 8.400/min. Zuvor waren es 7.500/min. Die Maximaldrehzahl liegt bei 8.750 Touren und das maximale Drehmoment von 470 Newtonmetern fällt bei 6.150/min an. Je nach Rennserie, Reglement und Strecke stehen drei verschiedene Abgasanlagen zur Wahl. Das elektronische Motormanagement MS 6.6 stammt von Bosch.
Wie bei seinem direkten Vorgänger steht für den 6-Zylinder erst nach 100 Stunden im Rennstreckeneinsatz eine Revision an. Der Motor ist über ein Einmassen-Schwungrad und eine Dreischeiben-Sintermetall-Rennkupplung mit dem sequenziellen, 72kg schweren Sechsgang-Klauengetriebe verbunden. Es lässt sich über Wippen am Lenkrad schalten und muss nach 60 Rennstunden zur „kleinen Inspektion“ – dies entspricht ungefähr der Laufzeit von 2 Jahren im Supercup oder zwei 24h Rennen in Folge. Die große Überholung steht erst nach 120 Betriebsstunden an.