Lotus LMP1 in Le Mans vorgestellt
Am Donnerstag Vormittag enthüllte das Lotus-LMP1-Projekt das lange erwartete LMP1-Auto in Le Mans. Die designierten Piloten Pierre Kaffer, Christian Albers und Christophe Bouchut standen zusammen mit Teammanager Boris Bermes bereit, um die Tücher vom sich endlich materialisierten Auto abzuziehen. Allerdings liess die Präsentation auch einige Fragezeichen offen.
Zu den Fakten: das in Le Mans präsentierte, nach Aussagen des Teams voll funktionsfähige, Chassis ist das erste und bislang einzige zusammengestellt Auto dieser Konstruktion. Man beabsichtigt nach einem intensiven Testprogramm, das in den nächsten Wochen aufgenommen wird, die auf Le Mans folgende FIA Langstrecken Weltmeisterschafts-Runde in Austin (USA) als Debütrennen zu bestreiten. Bei Prüfstandstests mit dem neuen von AER gelieferten Biturbo-V6-Aggregat wurden bereits komplette Renndistanzen problemfrei abgespult . Die Verzögerungen beim Bau kamen wie bereits berichtet durch einen späten Wechsel des Motorenlieferanten zu Stande. Statt eines ex-DTM-Audi-Blocks von Tuner Neill Brown, der dem Team Ende des Jahres wegen Kapazitätsproblemen absagte, entschied man sich für den für diese Saison neu aufgelegten AER-Block, der aufgrund der anderen Architektur einen Umbau des gesamten Autos (Aerodynamik, Kühlung, Elektronik) zur Folge hatte. Zudem musste wegen Regeländerungen für die Chassisabmessungen der LMP1 auch das ursprünglich von Adess bezogene Monocoque neu konstruiert werden. Der Fahrerkader für die in diesem Jahr noch vorgesehenen Einsätze umfasst neben den 3 präsenten Piloten zusätzlich James Rossiter und Thomas Holzer , dessen Holzer Engineering Group eine der am Bau beteiligten Firmen ist. Nach einigen Testrennen in dieser Saison soll 2015 eine volle Saison mit 2 eigenen LMP1 bestritten werden.
So weit zu den offiziellen Fakten. Allerdings liess der Auftritt einige Fragen an der Konsequenz des Programms offen. So gab es vom Team keine Details des geplanten Testprogramms wie etwa Strecken und Termine zu erfahren. Das Auto weilte lediglich einen Tag in Le Mans und wurde danach wieder zur Heimatwerkstatt verbracht. Auch ist die Vorgehensweise nur ein Chassis zu bauen ungewöhnlich, wenn man als neuer Hersteller einen Einstieg in eine WM plant. Normalerweise werden selbst bei kleineren Herstellern immer 3 Chassis (Einsatzauto, T-Car und Ersatz-Monocoque) aufgelegt, um an einem Rennwochenende in Übersee nach einem kleinen Unfallschaden nicht direkt einpacken zu müssen. Das man jetzt erst mit dem Roll-Out beginnt lässt den anvisierten Renntermin in Austin schon recht sportlich erscheinen. Da Lotus nicht hinter dem Projekt steht – die LMP-Sportwagenrechte hatte einst Collin Kolles erworben, der als graue Eminenz ohne offizielle Funktion wohl noch die Fäden im Hintergrund des Projekt zieht – und auch mit Ausnahme der beteiligten Firmen keine Sponsoren auf dem Auto zu finden sind, ist Spekulationen über den Budgetrahmen des Projektes Tür und Tor geöffnet. Hinzu kommt eine spärliche Informationspolitik des Teams die nicht nur bei den Fachkollegen mittlerweile für Unmut sorgt. Aussagen zu einem eventuellen Kundenprogramm für interessierte Teams fallen derzeit unter die Kategorie Wunschdenken.
Mit der Aussage in Austin starten zu wollen, hat das unter rumänischer Nennung antretende Lotus-Team zumindest jetzt einen offiziellen zweiten Meilenstein für das Projekt in Aussicht gestellt. Die in Greding bei München stationierte Truppe wird sich nun daran messen lassen müssen, ob sie dieses Ziel nach dem ersten, sehr verspäteten Meilenstein - der nun erfolgten Vorstellung des Autos – zeitgerecht realisieren kann. Zu wünschen wäre es – die LMP-L-Klasse hat Konkurrenz gleich welcher Art für die Rebellion Racing R-One´s dringend nötig.