LM #90 - die Bilanz
Mit eventbedingt über einer Woche Abstand wollen wir noch einmal auf die 90.te Ausgabe der 24h von Le Mans (der Link führt zum Rennbericht auf unseren Seiten) zurück blicken, die am vergangenen Sonntag vor einer Woche mit dem 5. Toyota-Sieg in Folge durch Sebastian Buemi, Brendon Hartley und Ryo Hirakawa endeten. Es war mit Sicherheit nicht die spannendste Ausgabe des Langstreckenklassikers, aber auch wiederum eine bemerkenswerte. Angesichts der eher kleinen Spitze aus nur 5 Hypercars die alle unterschiedliche taktische Ziele verfolgten war der Sieg für Toyota ausgemachte Sache. Dennoch stellte das gesamte Feld einen neuen Rekord auf.
In der Top-Klasse gelang dem Toyota-Trio Sebastian Buemi, Brendon Hartley und Ryō Hirakawa der fünfte Toyota-Sieg in Folge. Dies war vor Toyota nur Audi (gleich 2 mal) Porsche und Ferrari (letztere sogar 6 Siege in Folge) gelungen. Dabei war es der vierte Doppelsieg für Toyota. Beide GR010 der Werksmannschaft lieferten sich bis zum frühen Sonntag morgen einen intensiven Kampf um die Spitzenpositionen der sich erst auflöste als José Maria Lopez im #7 Toyota am frühen Morgen ein noch nicht genau bestimmtes elektrisches Problem bekam, das ihm und seinen Teamkollegen Kamui Kobayashi und Mike Conway 5 Minuten Rückstand aufgrund mehrerer nötiger Resets des Wagens einbrachte. Danach konnte das am Ende siegreiche Trio etwas Tempo rausnehmen und den Vorsprung bis ins Ziel verwalten.
Das Glickenhaus-Team zeigte sich im Qualifying zwar fast auf Augenhöhe mit den Toyotas, aber für das Rennen schlug man eine gänzlich andere Strategie an. Im festen Bewusstsein a) Toyota nicht herausfordern zu können und b) im nächsten Jahr gegen die dann involvierten Werke einen viel schwereren Stand zu haben, hatte die Mannschaft offensichtlich die Devise herausgegeben hinter den Toyota den verbleibenden Podiumsplatz gegen Alpine abzusichern. Nachdem der Französische Werkswagen schon nach 4 Stunden aufgrund eines Zündspulen-Problems fast eine Stunde in den Boxen verlor, kam es für die Glickenhaus nur noch darauf an problemfrei durchzurollen. Da die #708 nach einem Unfall in der Tertre Rouge und einem Aufhängungs- und Reifenschaden für längere Zeit in der Box verschwand, oblag es der Crew der #709 – durch einen Sensorwechsel ebenfalls mit einem Rückstand versehen – am Ende mit Ryan Briscoe, Franck Mailleux und Richard Westbrook das erste Le Mans Podium für Glickenhaus Racing zu erringen. Während die LMH somit ein übersichtliches Rennen boten musste die Spannung erneut aus den anderen Klassen kommen.
Die Oreca-Cup-Klasse (formerly known as LMP2) bot zu Beginn besten Markenpokal-Rennsport wobei sich im Laufe der Zeit das später siegreiche Jota-Trio Roberto Gonzalez, Antonio Felix da Costa und Will Stevens absetzen konnte. Als am frühen Morgen nach dem unfallbedingten Ausscheiden der Werks-Corvette die einzige SC-Phase des Rennens ausgerufen wurde zementierte das den Vorsprung der Jota-Truppe derart das der Konkurrenz nur noch der Kampf um Platz 2 bleib. Dabei hatte am Ende das Prema Team mit Robert Kubica, Louis Deletraz und Lorenzo Colombo das bessere Ende für sich vor dem zweiten Jota-Wagen von Oliver Rasmussen, Edward Jones und Jonathan Aberdein. Für das Team Jota war es der dritte Le Mans Klassensieg nach 2014 und 2017.
In der Pro-Am-Wertung der LMP2 gab es mit dem Algarve Pro Oreca von Steven Thomas, James Allen und dem Österreicher René Binder einen deutschsprachigen Gesamtsieger auf dem Podium. Feiern dürfte hier auch die Luxemburger DKR Engineering Mannschaft mit Pilot Laurents Hörr , die bei ihrem Debüt in Le Mans gleich mit P3 hinter dem Nielsen Racing Oreca auf das Podium klettern konnte.
Bei der Abschiedsvorstellung der GTE-Pro-Klasse zeigten sich trotz aller BoP-Diskussionen im Vorfeld alle 3 Hersteller vom Tempo her prinzipiell bei der Musik. Porsche hatte im Dreikampf am Ende mit der #91 von Gianmaria Bruni, Richard Lietz und Fred Makowiecki das bessere Ende für sich und gewann nach 3 Jahren wieder an der Sarthe. Dabei profitierte man von einem späten Reifenschaden am konkurrierenden AF Corse Ferrari von Alessandro Pier Guidi, James Calado und Daniel Serra, der sich am Ende nur um 42 Sekunden geschlagen geben musste. Der Schwester-Ferrari von Miguel Molina, Antonio Fuoco und Davide Rigon komplettierte am Ende das Podium. Corvette verlor beim letzten Rennen der Werksmannschaft in Führung liegend den letzten Wagen nach einem Unfall mit LMP2-Privatier Francois Perrodo, nachdem man kurz zuvor die #63 schon wegen Handlings-Problemen abstellen musste. Der Unfall löste die einzige Safetycar-Phase des Rennens aus. Porsches #92 musste nach einem Reifenschaden eine längere Reparatur über sich ergehen lassen und wurde Vierter, während dem fünftplazierten Riley Motorsport-Ferrari schlicht der Speed fehlte um in den Kampf um das Podium mit eingreifen zu können.
In der GTE-Am-Klasse ging der Sieg an das TF Sport Aston Martin Trio Ben Keating, Henrique Chaves und Marco Sörenson. Die Besatzung des roten Astons setzte sich trotz eines schleichenden Plattfusses zu Rennbeginn am Ende dank eines während der einzigen Safety-Car Phase erlangten Runden-Vorsprungs gegen den mit 44s Rückstand einlaufenden Weather Tech Racing Porsche von Cooper McNeil, Julian Andlauer und Thomas Merrill durch. Für Ben Keating , der seinen 2019´er Sieg mit dem Ford GT kurz nach dem Rennen wegen eines technischen Verstosses aberkannt bekommen hatte war es eine späte Genugtuung. TF Sport gewann damit zum 2.Male in den letzten 3 jahren die GTE-Am-Wertung. Das Podium in der Klasse komplettierte mit dem Northwest Aston Martin von Paul Dalla Lana, David Pittard und Nicki Thiim ein zweiter Vantage. Die Aston Martin setzten sich am Ende gegen die Porsche durch, die in Summe mit einer Reihen von Aufhängungsschäden zu kämpfen hatten.
Bemerkenswert war in diesem Jahr der Gesamteindruck der fahrerischen Disziplin und die technische Zuverlässigkeit der Autos. Insgesamt 53 der 62 Teilnehmer erreichten am Ende das Ziel und nahmen die Zielflagge in Empfang. Damit konnten 85% der Teilnehmer das Rennen beenden. Dies ist eine Zahl die in den letzten 23 Jahren seit wir hier bei GT-Eins das Rennen detailliert verfolgen noch nie erreicht wurde. Die bislang beste Leistung der letzten 20 Jahre vollbrachte das Feld bei der Ausgabe 2017 als 49 von 60 Autos (82%) das Rennen beendeten. Jedenfalls hat seit dem Umbau der LMP2-Klasse in eine Markenpokalklasse diese Quote deutlich zugelegt - zwischen 1999 und 2012 lag die Quote der Zielankünfte immer zwischen 62 und 44 %.
Ein neuer Rekordwert waren allerdings die 85% nicht: 1923 beim allerersten Rennen erreichten 30 von 33 gestarteten Wagen (91%) das Ziel. Die schlechteste Zielankunftsquote gab es 1969 und 71: dort kamen nur 14 Wagen ins Ziel.