Toyota-Sieg #4 & das WRT-Drama
Toyota hat am Sonntag nachmittag zum vierten Mal in Folge das 24 Stunden Rennen von Le Mans (der Link führt zum Rennbericht auf unseren Seiten) gewinnen können. Der Toyota-GR10 Hybrid #7 von Mike Conway, Kamui Kobayashi und José Maria Lopez gewann am Ende mit einem Vorsprung von 2 Runden auf die Teamkollegen, die bislang 3-fachen Sieger Sebastian Buemi und Kazuki Nakajima sowie Vorjahressieger Brendon Hartley im #8 Toyota. Weitere 2 Runden dahinter komplettierte der Alpine A480 LMP1 von André Negrao, Nicolas Lapierre und Matthieu Vaxivière das Podium vor den beiden Glicknhaus Boliden von denen der #708 Wagen das Podium um weniger als eine Runde verpasste.
Die 89.te Ausgabe des Klassikers wird mit Sicherheit nicht als eine der Spannendsten in die Geschichtsbücher des Motorsports Eingan finden. Der Autor fand sich am ehesten an die Ausgabe 2006 erinnert nur das dieses Mal Toyota die Rolle der Audi und die Glickenhaus Boliden die Rolle der Pescarolos übernahmen. Nur das seinerzeit noch das Feld der LMP1 um einiges grösser war. Was beide Ausgaben eint war die Übergangsphase im Reglement der Top-Klasse sowie die klare Favoritenrolle eines der Teilnehmer.
Diese fiel im Falle Toyotas so überlegen aus das die Japaner den Doppelsieg sogar mit 2 kaputten Autos errangen. An beiden Hypercars - Toyota verbuchte damit den ersten Gesamtsieg in der neuen Fahrzeugkategorie – gab es ein Problem mit dem Benzindruck das mutmassslich auf sich zusetzende Benzinfilter zurück zu führen war. Statt 13 Runden-Stints mussten beide Wagen – zuerst die #8 und dann später auch die siegreiche #7 ihre Box alle 7-8 Runden zum Tanken ansteuern, wobei ein später gefundener, nicht näher bezeichneter „Workaround“ einen Teil des Defizits wieder gut machte. Eine Reparatur kam für Toyota nicht in Frage weil man dann die Führung an die Alpine-Crew verloren hätte.
Diese dürfte sich rückblickend in den Allerwertesten beissen weil man in der Nacht 2 Runden nach einem Ausrutscher auf feuchter Strecke in den Kies der ersten Schikane 2 Runden verlor die am Ende auf den 2. Platz fehlten. So hätte man Toyota zusätzlich unter Druck setzen können. Insofern war der Effekt der BoP-Änderungen nicht so gravierend wie zunächst vermutet, zumal ein zusätzlicher dreher zu Rennbeginn dem französischen Werksteam weiteren Rückstand eingebracht hatte.
Die Glickenhaus Mannschaft überraschte abgesehen von einem Unfall in der ersten Kurve (ein offensichtlich übermotivierte Oliver Pla räumte den #8 Toyota von Sebastian Buemi ab) mit einer für ein Debüt ausserordentlich soliden Performance, die vom Speed her zwar nicht mit den Konkurrenten mithalten konnte, aber am Ende noch vor den LMP2 ins Ziel kam. Zum wohl ersten mal kam das Top-Prototypenfeld abgesehen von kleineren Reparaturen ohne längere Garagen-Standzeiten ins Ziel und belegte geschlossen die Plätze 1-5 bei 5 gestarteten Boliden. Eine 100%-Finishquote bei gleichzeiter Plazierung auf den vorderen Plätzen hat es so wohl in der Geschichte des Klassikers auch noch nicht gegeben.
Für die 3 Siegerpiloten war es zudem der jeweils erste Le Mans Triumph. Kamui Kobayashi – nun 4-facher Le Mans Polesetter und noch vor 5 Jahren der tragische Held der Japaner beim unglaublichen Pech in der letzten Runde – konnte sich als vierter japanischer Pilot in die Siegerlisten des Klassikers eintragen. José Maria Lopez brachte gar Argentinien erstmals auf die Landkarte der Le Mans Sieger.
Auch im Oreca Cup – pardon; der LMP2-Klasse – war das Rennen relativ früh entschieden. Als in Verlaufe der durch den Regen und diverser Zwischenfälle nötigen Safetycar-Phasen das Feld wie gehabt in jeweils 3 Sektionen zerteilt wurde, brachte die erstmals an der Sarthe debütierende Team WRT das taktische Kunststück fertig beide Autos mit 2 Minuten Vorsprung auf die Konkurrenz in Front zu bringen. Das LMP2-Rennen war somit schon nach 8 Rennstunden entschieden und konnte daher nicht mehr als Ersatz-Spannungslieferant für die sparsam besetzte LMH-Klasse fungieren.
Bis gegen Sonntag Mittag führten die beiden WRT-Orecas im Paarflug an der Spitze des Feldes und bauten ihre Führung sogar noch aus. Doch in den letzten Rennstunden entwickelte die aus der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft stammende #31 ein Problem mit dem hinteren Wagenheber, das einen reifenwechsel unmöglich machte. Eine „McGyver-Lösung“ in Form eines Luftkissens das bei jedem Wechsel unter den Hinterwagen gelegt wurde rettet dieser Crew den zweiten Platz – dachte man zumindest bis zum Schluss...
Denn ausgerechnet in der letzten Runde brach am führenden ELMS-Auto von Robert Kubica, Louis Deletraz und Yifei Ye dem am Steuer sitzenden Chinesen der Gaspedal-Sensor. Hilflos musste die Crew ansehen wie der #41 Oreca „den Toyota machte“ und in der letzten Runde statt auf das Siegerpodest in Richtung DNF-Ergebnis ausrollte. Dahinter geriet Schlusspilot Robin Frijns im reifentechnisch und nach einer Kollision mit einem GTE-Porsche zusätzlich aerodynamisch gehandicapten WRT-Wagen unter Druck eines furios aufholenden Tom Blomqvist im Jota-Oreca. Als man auf die in Richtung eines Fotofinish-Formation dahinsegelnden Toyotas auflief, gelang es Frijns in letzter Sekunde noch den Sieg zu sichern, wobei er beim durch den Verkehr kurven fast den sorglos in Fahrbahnmitte auf der Strasse stehenden Zielflaggenschwenker über den Haufen fuhr.
Damit sicherten sich Robin Frijns, Charles Milesi und Ferdinand Habsburg den LMP2-Sieg mit lediglich 0,727s Vorsprung (nach 24 Stunden!) vor dem Team Jota Trio Sean Gelael, Stoffen Vandorne und Tom Blomqvist. Platz 3 erbte das Panis Racing Trio Julien Canal, Will Stevens und James Allen.