Das neue LMP2-Reglement - Ende der Markenvielfalt?

Nach einer langen Reifezeit und vielen vorab durchgeführten Diskussionen ist nun auch das neue LMP2-Reglement vom ACO auf den Weg gebracht worden. Dieses soll ab 2017 für mindestens 4 Jahre Gültigkeit besitzen und umfasst neben technischen Änderungen eine gesteuerte Einschränkung des Wettbewerbs: in Zukunft wird es in 3 der 4 Serien unter dem ACO Banner nur noch einen Einheitsmotorlieferanten und ferner nur noch 4 zertifizierte Chassishersteller geben. Die bislang propagierte Markenvielfalt wird damit künstlich eingeschränkt. Die Fakten:

Die Wagen bekommen in FIA Langstrecken Weltmeisterschaft, Europäischer Le Mans Serie und Asiatischer Le Mans Serie einen Einheitsmotor und es werden in der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft, der Europäischen Le Mans Serie und der Tudor-USCC-Serie nur noch 4 zertifizierte Chassishersteller zugelassen. Die Leistung wird um 150 PS gesteigert, wie auch die Costcap, die nun erfordert das ein Chassis ohne Motor und Elektronik für 450.000€ zu erwerben ist. Trotz der Mehrleistung der Motoren soll das Performance-Level der Klasse gehalten werden, damit die alten LMP2, die noch für mindestens 2-3 Übergangsjahre in Gebrauch sein werden, weiter benutzt werden können. Während die Autos insgesamt teurer werden (480.000€ als neue Costcap von zuvor etwa 300.000) sollen die laufenden Kosten über niedrigere Ersatzteilpreise und Einheitsteile mit längeren Laufdauern gesenkt werden. Die Teams zahlen für die neuen Einheitsmotoren und die dazugehörige Elektronik eine Leasinggebühr die von der Kilometerleistung der Triebwerke abhängig ist. Für die Belieferung mit den Einsatzmotoren haben sich bislang Gerüchten zur Folge Judd und Gibson beworben. Werkshersteller wie Nissan, HPD oder Chevrolet hat man hingegen ausgeschlossen, da die Teams weiter wie bisher die Möglichkeit besitzen sollen, ihre Motoren ggf. umzuettikettieren - etwa als Lotus, Praga, Caterham, Alpine oder Lada.

Eine Ausnahme gibt es für die Tudor-USCC: nur dort sollen alternative Motorenhersteller zusätzlich zum Einheitsmotorenlieferant zugelassen werden um das bisherige Engagement der amerikanischen Hersteller (Chevrolet, Ford, Honda und Mazda) nicht zu beenden. Die Amerikaner bekommen auch eine Sonderregelung bei den Chassis, denn dort dürfen die Chassis der 4 zugelassenen Konstrukteure herstellerspezifische Bodykits (Corvette, Ford, ...) nach dem derzeitigen Daytona Prototypenmodell übergestülpt bekommen. Diese Kits sind allerdings dann nur in den USA startberechtigt und nicht in Le Mans zugelassen.

Während die FIA Langstrecken Weltmeisterschaft schon 2018 nur noch mit den neuen Chassis, die ähnlich der LMP1 10cm schmaler und nur noch als Coupés daher kommen, bestritten werden soll, sollen die alten Autos in der Europäischen Le Mans Serie noch mindestens 2 Jahre 2017 und 2018 parallel zu den neuen Chassis eingesetzt werden. Die Tudor-USCC-Serie stellt schon 2017 komplett auf die neuen Wagen um. Für die Asiatischen Le Mans Serie, die bis 2018 noch den alten Autos vorbehalten ist, gibt es noch keinen Plan die Autos zu ersetzen.

Von den 4 Konstrukteurslizenzen soll den Absichtserklärungen des ACO nach eine in die Staaten gehen. Die Gerüchte gehen dahin das Riley sich dafür mit zumindest einer weiteren Firma (Coyote und/oder Multimatic) zusammen tun wird. Auf europäischer Seite wird davon ausgegangen das sowohl Onroak als auch Oreca 2 weitere Lizenzen bekommen werden. Angeblich sollen auch Ginetta und BR Engineering, die ihr erstes Coupé (Foto links) bereits nach dem neuen Reglement konstruiert haben, eine Lizenz beantragt haben. Hingegen gilt noch nicht als sicher ob Gibson sich darum bewirbt, da man hier mehr auf den Motorendeal schielt. Für die bisherigen LMP2-Projekte von Dome, HPD (da der Chassislieferant herstellerunabhängig sein soll), Multimatic (=ex-Lola), Adess, Tiga, Bailey, Pilbeam und Wolf bedeutet das neue Reglement das Aus - bitter das Strakka Racing Team, die just dieses Jahr mit dem neuen Auto debütieren. Als Kandidaten für eine Lizenz werden auch Dallara und Multimatic gehandelt. Der Selektionsprozess für die Hersteller ist gerade voll im Gange. Frühestens zum 8. Juli sollen die ausgesuchten Hersteller informiert werden.

Der Hintergrund der Einrichtung dieses Oligopols ist das die bisherigen Hersteller - allen voran Oreca - beim ACO wegen der nicht kostendeckenden Rahmenbedingungen intervenierten. Die bisherige Costcap gestattete keinen wirtschaftlichen Betrieb eines LMP2-Herstellerprogramms. Selbst Marktführer Oreca schaffte in den vergangenen Jahren nur mit Mühe schwarze Zahlen. Um nun zumindest die bisherigen Lieferanten (von denen 2 in Frankreich sitzen) zu unterstützen, hob der ACO nun nicht nur die Cost-Cap an, sondern sorgt nun indirekt auch für mehr Kunden. Ob diese Regelungen auch den Vorgaben der EU-Wettbeberbsbehörde entsprechen, dürfte nicht das einzige interessante Detail der neuen LMP2-Struktur sein, das man noch für einige Zeit diskutieren dürfte.

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