Barcelona-LMP1-Vorschau : die 3-Klassen-Gesellschaft

Audi vs. Peugeot Es ist die Rückkehr der großen klassischen Werksschlachten der 70'er Jahre. Waren es damals noch Ferrari, Porsche, Matra und Alfa, die an der Spitze der Sportwagenfelder Geschichte schrieben, so sind es nun Audi und Peugeot, die 2008 ein spannendes Werksduell versprechen. Insgesamt 14 LMP1 sind auf der Nennliste für Barcelona verzeichnet. Und das allseits gestiegene Level bei den Pototypen wird dafür sorgen, dass es auch hinter den beiden Dieselgiganten nicht langweilig wird.

Diese liefern sich einen ganz besonderen Kampf an der Spitze: Da sich die Peugeot-Crews Gene / Minassian und Lamy / Sarrazin letztes Jahr die sechs Lemans Serie-Siege brüderlich teilten und auch Allan McNish aus den Saisons 2004&5 noch drei Siege mit den R8 von Veloqx und Oreca zu Buche stehen hat, wird es in den ewigen Bestenlisten der Serie einen interessanten Fight um die Position des erfolgreichsten LMP1-Piloten geben. Diese hat noch das Pescarolo-Paar Boullion / Collard inne. Zudem sitzt im Audi mit der #2 endlich wieder ein deutscher Pilot auf einem Gesamtsieg-fähigen Fahrzeug. Mike Rockenfeller will die Chance nutzen, die Scharte aus Le Mans 2007 auszuwetzen und mit seinem Team den LMS-Titel 2008 für die traditionsreiche Joest-Mannschaft zu holen, die 16 Jahre nach ihrer letzten europäischen Sportwagensaison zu den Klassikern der LMP-Szene zurückkehrt. In Barcelona ist er allerdings nicht der einzige deutsche Pilot auf einem LMP1. Wolfgang Kaufmann auf dem Lavaggi LS1 - nun mit AER -Treibsatz ausgestattet - und Stefan Mücke auf dem Aston Martin-Lola des Charouz-Teams leisten ihm Gesellschaft. Zumindest Mücke mit seinem spektakulären geschlossenen Wagen gilt als Geheimtipp für die Position des besten Benziners hinter den überlegenen Diesel-Boliden, nicht zuletzt nach seiner überragenden Einstiegssaison 2007, wo seine fahrerischen Leistungen selbst die Le Mans-Insider verblüfften.

astonlmptestNachdem sowohl Charouz als auch Creation, die mit AIM einen neuen Motorenhersteller in die Serie einführen, sowie Epsilon Euskadi ihre zweiten Wagen für Barcelona abgemeldet haben, sind lediglich noch zwei französische 2-Wagen-Teams in der Top-Klasse übrig geblieben. Henri Pescarolo wird in seiner eigenen Mannschaft zwei überarbeitete Wagen an den Start bringen. Mit den beiden Kundenteams Saulnier Racing und Rollcentre stehen gar fünf der französischen Konstruktionen in Barcelona auf dem Grid – davon einer in der LMP2-Klasse. Damit stellt die französische Sportwagenlegende nach Porsche und Lola das grösste Kontingent an Wagen beim Saisonauftakt in Spanien. Gespannt darf man auf das Debüt der Oreca-Courages sein, die just in Frankreich vorgestellt wurden. Die mehrfarbig daher kommenden Wagen sind erstmals unter der Kooperation der beiden französischen Teams entstanden, gelten aber als Fingerübung für die für nächstes Jahr geplanten geschlossenen LMP1 sowie potentielle Kunden-LMP2, die das französische Unternehmen ab diesem Jahr absetzen will.

Zwei britische Mannschaften beschliessen das LMP1-Feld – mit dem grossen Verdienst, dass hier die beiden bislang einzigen Pilotinnen des gesamten Feldes starten. Amanda Stretton, Ehefrau von Bob Berridge, hat in dessen Chamberlain-Synnergy-Lola einen Platz gefunden. Im Rollcentre-Pescarolo von Martin Short gibt Vanina Ickx nach dem Ausstieg aus der DTM ihr Comeback. Beide Mannschaften gehören zur austerbenden Gattung der Kundenteams in der Königsklasse, für welche die Luft angesichts des steigenden Levels der Werks-Teams und Hersteller-Mannschaften immer knapper wird.

orecacouragelmp1 Denn mittlerweile ist eine Dreiteilung der Equipen zu beobachten. Ganz vorne werden sich die grossen Werke wie Audi, Peugeot und (noch dahinter) Aston Martin ein Rennen um die Podiumsplätze und Siege geben. Dahinter wird es bei den klassischen Prototypenschmieden mit ihren „Werksteams“ - wie Pescarolo, Oreca-Courage, Creation, Epsilon-Euskadi und Lavaggi – trotz fahrerischer Spitzenbesatzungen schon knapp, was das Finish in den Punkten angeht. Die reinen Kundenteams wie Saulnier, Rollcentre und Chamberlain haben auf lange Sicht nur in der jetzt schon überlaufenen LMP2-Klasse eine Chance, in der mittlerweile auch schon Ex-Formel 1-Piloten ihr Auskommen finden. Ob daher auch langfristig LMP1-Felder von mehr als 15 Autos am Start sind, kann mit einem Fragezeichen versehen werden. Ein Grund mehr, die heurige Saison mit ihren üppigen Feldern zu geniessen, die nun am Sonntag in Barcelona in ihre heisse Phase geht.

Zuletzt zwei technische Details: Bei den Motoren sind neben den vier Diesel-Treibsätzen sieben Judd (für die Pescarolos, den Epsilon-Euskadi und die Oreca-Wagen), zwei AER (Lavaggi, Chamberlain) und ein AIM-Block vertreten. Bis auf Creation, Rollcentre, Chamberlain und Lavaggi (alle Dunlop) vertrauen alle restlichen Teams auf Michelin-Reifen, die bislang für alle 21 LMP1-Siege in der Meisterschaft mit verantwortlich waren. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorher zu sagen, dass dies auch 2008 so bleiben wird.

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